Vom Glamourgirl zur Menschenrechtlerin
Bianca Jagger war auf den angesagtesten Partys Stammgast, jetzt geht sie in ihrer Rolle als Aktivistin und Oma auf. Heute wird sie 70.
NEW YORK (dpa) Auf einem weißen Pferd ritt Bianca Jagger an ihrem 27. Geburtstag ins „Studio 54“. Eine Woche zuvor hatte der berühmte New Yorker Nachtclub eröffnet und Jagger schien auf dem Höhepunkt ihres Glamour-Lebens. Verheiratet mit Rolling-Stones-Sänger Mick Jagger und eng befreundet mit dem Künstler Andy Warhol galt sie in dieser Zeit als angesagtestes Party-Girl der Millionenmetropole.
Doch Jagger, die am heutigen Samstag 70 Jahre alt wird, sieht das im Nachhinein völlig anders. „Ich würde lieber sterben, als über das ,Studio 54’ zu sprechen“, sagte sie der „Vanity Fair“. „Ich wünschte mir, es hätte es nie gegeben.“Denn so glamourös sei das damals alles gar nicht gewesen. „Ich habe mich gefühlt wie ein Fisch ohne Wasser. Ich war ein junges Mädchen aus Nicaragua und in dieser Welt mit diesem ganz anderen Hintergrund und diesen ganz anderen Ideen zu sein, war eine überwältigende Erfahrung.“
Inzwischen führt Jagger ein völlig anderes Leben: Von Mick Jagger längst geschieden setzt sie sich als Aktivistin unter anderem für Naturschutz und Menschenrechte ein und ist leidenschaftliche Oma und Uroma. „Jetzt weiß ich, wer ich bin.“
Jagger wurde 1950 in der nicaraguanischen Hauptstadt Managua als Bianca Pérez-Mora Macias geboren, wie ihr Management erst kürzlich noch einmal bestätigte. Im Internet kursiert auch vielfach 1945 als ihr Geburtsjahr. Jagger wollte ursprünglich einmal Ordensschwester werden. Schon als Teenager interessierte sie sich aber auch für Politik. Nach der Scheidung ihrer Eltern zog ihre Mutter sie alleine auf und nahm sie mit auf Demonstrationen gegen die Somoza-Diktatur in Nicaragua. Mit 16 ging Jagger dann mit einem Stipendium an die Pariser Sorbonne-Universität, um Politikwissenschaften zu studieren.
Auf einer Party nach einem Rolling-Stones-Konzert lernte die junge Nicaraguanerin 1970 Mick Jagger kennen. Ein Jahr später war sie schwanger, und das Paar heiratete in St. Tropez – was Bianca Jagger schlagartig ins Licht der Öffentlichkeit warf. Die darauffolgenden Jahre waren stürmisch, aber nicht unbedingt glücklich. 1978 reichte sie die Scheidung ein, weil der Sänger sie betrogen haben soll.
Die Trennung habe sie traumatisiert – wie zuvor schon die ihrer Eltern, sagt Jagger. „Ich könnte mir niemals vorstellen, noch einmal zu heiraten. Ich könnte einfach nicht noch eine Scheidung mitmachen, es war zu schwer.“Erst 20 Jahre später habe sie wieder mit Freude ein Stones-Konzert besuchen können. Dass die Menschen sie bis heute über ihre Ehe mit dem Rolling-Stones-Sänger definierten, nerve sie, sagt Jagger. „Am Ende wird aber meine Arbeit für sich selbst sprechen, trotz allem Zynismus. Die Leute sollen ruhig sticheln. Ich habe mir gesagt, das halte ich aus. Wenn es der Preis ist, den ich zahlen muss, dann bin ich dafür bereit.“
Jaggers Nachnamen hat das Ex-Model bis heute behalten. „Ich habe mal darüber nachgedacht, ihn aufzugeben. Aber nein, ich bin in Nicaragua geboren und sehr traditionell erzogen worden. Es wäre sehr schwer. Und Bianca Jagger ist ein schöner Name.“Außerdem helfe er ihr dabei, Aufmerksamkeit und Geld für wohltätige Zwecke zu bekommen. Seit Mitte der 80er Jahre ist sie für die Menschenrechtsorganisation Amnesty International unterwegs, war dafür unter anderem in Bosnien, im Kosovo und in Afghanistan. Mit ihrer eigenen Stiftung, der Bianca Jagger Human Rights Foundation, setzt sie sich zudem unter anderem gegen Gewalt gegen Frauen und Mädchen und für Umweltschutz ein.
Neben ihrer Arbeit als Aktivistin ist Jagger am liebsten Oma – und Uroma. Ihre 1971 geborene Tochter Jade aus der Ehe mit Mick Jagger hat drei Kinder und Jades Tochter Assisi hat auch schon eine Tochter. Sie wolle kein ruhiges Leben, sagt Jagger, dafür seien ihr die Familie und ihre Arbeit zu wichtig. „Ich hoffe, dass ich die Welt ein bisschen zum Guten verändern kann. Darauf hoffen wir alle. Dann kann ich eines Tages zurückschauen und sagen, dass ich es versucht habe.“