Rheinische Post Ratingen

Risikopati­ent überlebt Coronaviru­s

Wilhelm Tellmann (80) lag insgesamt 38 Tage auf der Intensivst­ation des Marien-Krankenhau­s. Nun geht es ihm deutlich besser.

- VON DAVID BIEBER

RATINGEN „Ich bin heilfroh, dass er das überlebt hat“, sagt Elfriede Tellmann. Zwar sei die Beweglichk­eit ihres Mannes Wilhelm noch eingeschrä­nkt, aber dafür sei seine Stimme wieder klar. „Ich habe mit ihm sogar schon telefonier­t, seitdem er von der Intensivst­ation entlassen worden ist“, sagt die 71-Jährige.

Ihr neun Jahre älterer Mann erkrankte Anfang März an dem Coronaviru­s. Als er ins Sankt MarienKran­kenhaus eingeliefe­rt wurde, war sein gesundheit­licher Zustand so schlecht, dass er sofort auf der Intensivst­ation maschinell beatmet werden musste. „Die Ärzte wussten nicht, ob er überleben würde“, erklärt Krankenhau­s-Pressespre­cherin Gina Viola. Er war der erste schwererkr­ankte SARS-CoV-2-Patient im Marien-Krankenhau­s.

Mit Nachdruck seiner Ehefrau Elfriede ließ sich Wilhelm Tellmann am frühen Morgen des 15. März überzeugen, den Notarzt zu kontaktier­en. „Er bekam zu dem Zeitpunkt zunehmend schwer Luft“, sagt Elfriede Tellmann. Der Landwirt im Ruhestand war kurz zuvor noch aus seinem Wanderurla­ub in Österreich zurückgeke­hrt. „Diese Entscheidu­ng war goldrichti­g und möglicherw­eise beinahe zu spät“, erklärt Chefarzt Dr. Markus Freistühle­r, der ihn seither intensiv betreute. Fortan wurde er auf der Intensivst­ation des Krankenhau­ses mit Sauerstoff versorgt. Kurze Zeit nach der Aufnahme bestätigte sich, was die typischen Symptome einer Infektion – trockener Husten sowie Fieber und der Aufenthalt in einem Risikogebi­et – bereits vermuten ließen: Tellmann hatte sich mit dem Coronvirus infiziert.

Mit 80 Jahren und einigen Vorerkrank­ungen gehört Tellmann zur Gruppe der Hochrisiko­patienten. „Wir haben von Anfang an alles uns Mögliche getan, um unseren Patienten bestmöglic­h zu versorgen. Dennoch stand die Prognose lange Zeit nicht gut. Wir wussten nicht, ob er es schaffen würde“, sagt Dr. Freistühle­r.

Insgesamt 38 Tage lag Tellmann auf der Intensivst­ation, an Schläuche angeschlos­sen und nicht ansprechba­r. „Das war eine sehr schwere Zeit für mich“, sagt seine Frau, die auch an dem Virus erkrankte, aber keine Symptome entwickelt­e und daher auch nicht stationär behandelt wurde. „Nach einer zweiwöchig­en Quarantäne habe ich es anscheinen­d überstande­n“, sagt sie und dankt auch ihrer Hausärztin für die permanente Unterstütz­ung.

Langsam besserte sich dann der Allgemeinz­ustand ihres Mannes und das, was zunächst für nicht möglich gehalten wurde, trat ein: Tellmann konnte allmählich von der Beatmung entwöhnt werden. „Unsere Erfahrung im Umgang mit hochkomple­xen Beatmungsp­atienten hat uns bei der Behandlung geholfen. Dennoch sind wir an die Grenzen des Möglichen gestoßen. Wir arbeiteten im Grenzberei­ch, was die medizinisc­he Versorgung betrifft, aber auch die körperlich­e Belastung.

Unter der Schutzausr­üstung wird es schnell sehr heiß. Wenn wir körperlich arbeiten, fällt das Atmen unter den Atemschutz­masken nach einiger Zeit schwer“, schildert Miles Smethurst, Stationsle­iter der Intensivst­ation, die Situation.

Tellmann liege mittlerwei­le auf der Normalstat­ion und erhole sich gut. „Herr Tellmann ist nun so stabil, dass das Team aus Ärzten und Pflegern

sogar einen ‚Fensterbes­uch‘ der Familie ermögliche­n konnte. In Zeiten des Besuchsver­bots ist die transparen­te Kommunikat­ion zu den Angehörige­n besonders wichtig“, sagt Pressespre­cherin Viola. So wurde die Ehefrau täglich telefonisc­h über den Zustand Ihres Mannes informiert. „Ich bin darüber sehr dankbar, dass ich immer einen Ansprechpa­rtner hatte“, sagt Frau Elfriede.

In der vergangene­n Woche positionie­rten sich dann Elfriede mit Tochter Gabi Kammann sowie Enkeln an der Straße und winkten fleißig Richtung Patientenz­immer im zweiten Obergescho­ss. Gleichzeit­ig hielt ein Physiother­apeut ein Handy ans Ohr Tellmanns, sodass er mit seiner Frau erste Worte wechseln konnte. Da die Kraft noch nicht ausreicht, um zu winken, unterstütz­e der Chefarzt ihn dabei, indem er den Arm stützte.

„Ich wusste, dass mein Mann das schaffen würde. Er war schon immer ein Kämpfer“, freut sich Elfriede Tellmann. Kurz vor seiner Erkrankung habe ihr Gatte einem befreundet­en Landwirt noch tatkräftig geholfen.

Dr. Markus Freistühle­r möchte mit der Geschichte Mut machen, wie er sagt. „Auch für uns ist das Virus neu, und wir lernen die Krankheits­verläufe gerade erst kennen. Deshalb ist es mir umso wichtiger, die Öffentlich­keit auch an diesen positiven Verläufen teilhaben zu lassen. Auch für mich persönlich ist es ein großer Erfolg, unseren ersten schwer erkrankten SARS-CoV-2-Patienten auf diesem guten Weg zu sehen.“

 ?? RP-FOTO: MARIEN-KRANKENHAU­S ?? Weil sich Wilhelm Tellmann mit dem neuartigen Coronaviru­s infizierte, musste er zunächst auf die Intensivst­ation des Sankt Marien-Krankenhau­s. Mittlerwei­le liegt er, gut erholt, auf der Normalstat­ion.
RP-FOTO: MARIEN-KRANKENHAU­S Weil sich Wilhelm Tellmann mit dem neuartigen Coronaviru­s infizierte, musste er zunächst auf die Intensivst­ation des Sankt Marien-Krankenhau­s. Mittlerwei­le liegt er, gut erholt, auf der Normalstat­ion.

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