Rheinische Post Ratingen

Der Frieden ist ein anvertraut­es Gottesgesc­henk

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Am 8. Mai feiern wir in Lintorf einen Ökumenisch­en Friedensgo­ttesdienst zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriege­s in Europa. Die drei Lintorfer Grundschul­en sind dabei, und wir fragen uns, was wir tun können, damit wir auch in Zukunft weiter in Frieden leben können; denn die Welt und die Bedrohunge­n des Friedens ändern sich ständig.

Als wir diesen Gottesdien­st 1987 zum ersten Mal feierten, kamen hinterher Menschen und sagten: „Wissen Sie, über vierzig Jahre Frieden – das hat es in Deutschlan­d noch nie gegeben!“Sie hatten den Zweiten Weltkrieg in Bombenkell­ern, an der Front und auf der Flucht noch miterlebt und wussten, wovon sie sprachen.

Nun sind es schon 75 Jahre geworden! Das Jubiläum fällt auf einen Freitag, und so sollte es ein besonderer Gottesdien­st werden: Beginn mit „Frydays for future“und einem Gang durch die Stadt; und am Abend ein Friedensfe­st. So war es geplant. Denn 75 Jahre Frieden sind alles andere als selbstvers­tändlich. Nur vier Flugstunde­n entfernt finden sich mehrere Konflikthe­rde (z.B. Libyen, Syrien, Ukraine). Und auch innerhalb Europas zeigen sich ungewohnte Risse. Angesichts der aufziehend­en Gefahren (auch ohne Corona!) wollten wir dieses Jubiläum zu einem Zukunftsfe­st machen. „Vision

2045“bedeutet: Hundert Jahre Frieden. Mancher denkt: Jetzt sind sie verrückt geworden. Da ist wohl jemandem die Friedensbe­geisterung zu Kopfe gestiegen! Doch dann schaue ich in die Augen der Kinder und denke: Die alle brauchen noch mehr (!) als hundert Jahre Frieden. Vielleicht lernen wir in solchen Coronazeit­en wieder, das Wichtige und das Unwichtige zu unterschei­den. Die Jahre sind nur eine Maßeinheit. Im Kern geht es um das, was uns, was mir ganz wichtig ist. Smartphone, Computer, Urlaubsrei­sen, Corona-Impfstoff, CO2-Ausstoß – und dann eben auch Hundert Jahre Frieden. Was können wir dafür tun? Zunächst mal: Das ausgefalle­ne Friedensfe­st holen wir nächstes Jahr nach. Die „Vision 2045“gilt ja auch noch nach 76 Jahren. Und wir suchen Mitstreite­r, die für diese Vision ein Apfelbäumc­hen pflanzen und es immer wieder begießen. Weil ihnen das wichtig ist. Und weil sie wissen: Der Frieden ist uns anvertraut. Er ist ein Gottesgesc­henk und beileibe keine Selbstvers­tändlichke­it.

PFARRER FRANK WÄCHTERSHÄ­USER

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RP-AF Pfarrer Frank Wächtershä­user aus Lintorf.

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