Theatertausch soll private Bühnen retten
Theater an der Kö und Kom(m)ödchen könnten in Oper und Schauspielhaus ziehen. Heute findet ein Spitzentreffen im Rathaus statt.
DÜSSELDORF Die Düsseldorfer Privattheater stehen mit dem Rücken zur Wand. Zwar dürfen sie ab dem 30. Mai wieder spielen, aber unter den gegebenen Umständen rechnet sich das nicht für sie. Die Abstandsregel von 1,50 Metern minimiert die Zahl der zur Verfügung stehenden Plätze so sehr, dass die Verluste programmiert sind. René Heinersdorff, Intendant des Theaters an der Kö schlägt vor, dass die größeren Häusern den kleineren Obdach geben. Da Oper und Schauspielhaus vor dem 1. September nicht öffnen würden, könnten dort sein Theater und das Kom(m)ödchen spielen. „Ich selbst werde mein Haus gerne dem Takelgarn, das bereits nach dieser Möglichkeit gefragt hat, zur Verfügung stellen, oder dem Theater an der Luegallee.“
Heinersdorff wirft der Kulturpolitik vor, dass sie die Theater im Stich lasse. So steht es in einem aktuellen Schreiben an Kulturdezernent
Hans-Georg Lohe und einige Ratspolitiker, das unserer Redaktion vorliegt. Der Intendant bemängelt fehlende Ideen und ausbleibende Kommunikation. Das trifft auch Oberbürgermeister Thomas Geisel, bei dem Heinersdorff mit Kay Lorentz vom Kom(m)ödchen vor sieben Wochen einen Termin hatte. Es habe „neben dem ein- oder anderen dankenswerten Gespräch bis zur heutigen, nicht sehr sachkundigen Anfrage der Linken (aber immerhin!), keine konzeptionelle oder gar finanzielle Unterstützung durch die kommunale Kulturpolitik gegeben“. Er habe sich manchmal gefragt, ob da noch jemand im Amte sei.
Heinersdorffs Theater hat rund 400 Plätze, unter Corona-Auflagen dürften davon nur noch 63 belegt werden. Die Oper mit 1340 Plätzen böte da andere Möglichkeiten. Bei Lorentz, dem 77 Plätze blieben, wäre es mit dem Schauspielhaus ebenso. Der Theatertausch wäre wie ein Dominospiel, bei dem neue Chancen für viele entstünden. „Wir können innerhalb einer Woche sieben Produktionen auf die Bühne bringen“, sagt Heinersdorff. Darunter wären mit „Extrawurst“und „Abschiedsdinner“auch zwei neue Stücke. Stars wie Jochen Busse und Hugo Egon Balder würden auftreten.
Die neue Idee wäre den Theatermachern sogar lieber als Rettungszuschüsse. „Wir würden gerne spielen“, sagt Heinersdorff, der im Vorstand des Deutschen Bühnenvereins für die Privattheater spricht. Andere Städte wie Münster und Köln, vor allem jedoch Hamburg und Berlin bieten ihren Privattheatern bereits finanzielle Hilfe an, es geht um teils sechsstellige Summen. Wenn nun gar nichts geschieht, erwartet Heinersdorff ein „stadtweites Theatersterben“. Dem könne man nur gemeinschaftlich begegnen. Heinersdorff schreibt an Lohe: „Wenn das Sterben (vielleicht billigend) gewünscht ist, dann bewege doch die Politik dazu, uns wenigstens das zu sagen.“
Der OB-Kandidat der CDU, Stephan Keller, sagt, Geisel müsse jetzt unverzüglich handeln und den privaten Theatern zur Seite springen. Kleine Häuser, die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer beschäftigten, ihre Stücke selbst produzierten und einen kontinuierlichen Spielplan hätten, bräuchten dringend finanzielle Hilfe. „Hier geht es um eine reine Überlebenshilfe für die kleinen Bühnen. Strukturen, die jetzt zerstört werden, sind für immer aus dem Düsseldorfer Kulturleben verschwunden.“Heinersdorff, der als Geisel-Unterstützer gilt, kritisiert die CDU-geführte Landesregierung, sie habe die prekäre Lage der kleinen Häuser noch verschärft. Zu Keller meint er, Kultur sei ein Fachgebiet „und kein politischer Joker“.