„Corona-Krise nicht auf Kosten der Umwelt lösen“
Simon Demming ist seit der Gründung der Ortsgruppe Ratingen im September 2019 bei Fridays for Future (FFF) aktiv.
Wie lange sind Sie bereits bei Fridays for Future (FFF) aktiv und warum?
Simon Demming Im Sommer 2019 habe ich zum ersten Mal in Düsseldorf demonstriert. Dort wurde ich für die Klimakrise sensibilisiert und habe mich fortan sehr intensiv mit dem Thema beschäftigt. Seit der Gründung der Ortsgruppe Ratingen im September 2019 und der ersten Demonstration am 20. September bin ich selbst bei FFF aktiv. Im vorigen Jahr ist mir klar geworden, wie weit wir schon in der Krise drin stecken und wie weit die Politik die Ziele verfehlt, die unsere Lebensgrundlage sichern sollten. Es muss dringend eine ganze Menge getan werden; das motiviert mich, weiter bei FFF aktiv zu sein.
Wie kann Protest in Zeiten von Versammlungsverboten
funktionieren?
Demming Protest auf der Straße ist während der Coronavirus-Krise nicht möglich. Seit Anfang März hat FFF alle Demonstrationen abgesagt. Stattdessen haben wir in den vergangenen Wochen neue Aktionsformen in die Welt gerufen. Mit Erfolg haben wir den Streik von der Straße ins Internet verlegt. Unter #NetzstreikFürsKlima werden tausende Bilder hochgeladen. Außerdem lassen wir unsere Plakate für uns streiken, wie zum Beispiel vor dem Bundestag. Tausende Plakate können ebenfalls ausdrücken, dass wir trotz der Coronavirus-Krise weiter streiken und laut sind.
Welche Aktionen planen Sie während der Coronavirus-Krise? Demming In der schulfreien Zeit wurde von FFF eine Webinarreihe gestartet, in der nationale und internationale Experten zu unterschiedlichen Themen sprechen. Darunter sind etwa die Bestseller-Autorin Naomi Klein, der Journalist Tilo Jung und die Energieökonomin Claudia Kemfert. Diese spannenden Interviews und Vorträge kann man jetzt auf dem Youtube-Kanal von Fridays For Future Deutschland finden.
Was hat es mit Ihrer jüngsten Aktion in der Stadtmitte auf sich? Demming Wir haben unlängst in der Innenstadt unsere Spuren hinterlassen, mit Kreide Sprüche auf den Boden gemalt und Plakate in unsere Wohnungsfenster gehängt. Wir wollen zeigen, dass unser „Normalzustand“
schon längst eine Krise war. Wir wollen zeigen, dass wir die Corona-Krise nicht auf Kosten der Umwelt lösen dürfen, und wir wollen auch zeigen, dass FFF noch immer da ist. Dass wir nach Corona weiter demonstrieren werden.
Alle sprechen gefühlt nur noch von Corona und kaum noch vom Klimaschutz: Inwieweit bremst die derzeitige Krise Ihre Aktivitäten für mehr Klimaschutz?
Demming Wir müssen die Coronakrise unbedingt ernst nehmen. Deshalb respektieren wir auch das Versammlungsverbot. Für FFF ist das ein großer Rückschlag. Über die Schulstreiks haben wir uns identifiziert. Während dieser Krise müssen wir Umweltaktivismus neu erfinden. Die derzeitige Krise zeigt uns aber auch, wie viel plötzlich möglich ist, wenn eine Krise ernst genommen wird. Deshalb fordern wir #fighteverycrisis und dasselbe Engagement, um auch die Klimakrise zu stoppen.
Was halten Sie vom Vorschlag der Maja Göpel, Generalsekretärin des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung, Globale Umweltveränderungen, die CO2-Kurve so abzuflachen wie die Kurve mit der Zahl der Infizierten?
Demming Zu Beginn der CoronaKrise kam das Motto „Flatten the curve“auf. Es wurde von Wissenschaftlern, Pflegepersonal und Politikern genutzt. Der jährliche, deutsche CO2-Ausstoß sinkt zwar, aber viel zu langsam. Wenn es so weitergeht, haben wir in etwa neun Jahren unser CO2-Budget aufgebraucht und müssten dann von einem auf den anderen Tag CO2- neutral werden. Wenn wir die CO allerdings schon vorher konstant abflachen, haben wir noch bis 2035 Zeit, um in Deutschland einen Netto-Wert von null zu erreichen. Das ist von Anfang an eine der zentralen Forderungen von Fridays for Future, die auf Empfehlungen der „Scientists for future“beruhen, zu denen auch Maja Göpel gehört.