Corona im Weißen Haus
Mitarbeiter des engsten Führungskreises der US-Regierung wurden positiv getestet.
WASHINGTON Am Wochenende verzog sich Mike Pence ins Homeoffice. Der US-Vizepräsident kehrte nach einer Reise in den Bundesstaat Iowa zunächst nicht ins Weiße Haus zurück. Stattdessen arbeitete er aus seiner offiziellen Residenz, dem Naval Observatory. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, versicherte ein Sprecher. Mittlerweile ist Pence an seinen regulären Schreibtisch zurückgekehrt.
Die Kurzzeit-Quarantäne zeigt, wie nahe die Pandemie auch an das Weiße Haus herangerückt ist. In den vergangenen Tagen wurden mehrere Fälle von Mitarbeitern des engsten Führungskreises der Administration bekannt, die positiv getestet wurden. Trotz eines vermeintlich engmaschigen Testregiments und strikter Hygienevorschriften hat es das Virus damit bis ins Oval Office geschafft. Denn unter den Infizierten sind ein Kammerdiener von Donald Trump und die Pressesprecherin seines Vizes, die mit einem der engsten Berater des Präsidenten verheiratet ist.
Die Entwicklung kommt Trump ungelegen. Seit Wochen dringt er auf eine weitgehende Rückkehr zur Normalität, auf ein Ende der Lockdowns, der in vielen Bundesstaaten immer noch in Kraft sind. Die Amerikaner müssten „Krieger“sein, so Trump, und trotz Risiken die Wirtschaft wieder hochfahren. Dass die Administration nicht in der Lage ist, den wohl am besten geschützten Arbeitsplatz der Welt coronafrei zu halten, untergräbt seine Appelle.
Zumal die Lage auch außerhalb des Weißen Hauses alles andere als ermutigend ist. Laut Center for Disease Control (CDC) haben sich in den Vereinigten Staaten mittlerweile mehr als 1,3 Millionen Menschen mit dem Virus infiziert. Die Zahl der Toten liegt bei rund 80.000. Die Dunkelziffer könnte deutlich höher sein, denn bis heute ist es nicht gelungen, landesweit ein effektives Testsystem aufzubauen. Gemessen an der Bevölkerung haben die USA deutlich weniger Menschen auf das Virus getestet als etwa Spanien, Portugal oder auch Deutschland.
Für die Mitarbeiter des Weißen Hauses gilt dies nicht. Sie werden regelmäßig getestet. Allerdings werden Medienberichten zufolge in den Fluren und Büros der Regierungszentrale selbst kaum besondere Abstandsregeln eingehalten. Masken, seit Wochen empfohlen, werden ebenfalls kaum getragen.
Auch Trump weigert sich bislang, einen Mundschutz zu verwenden. Er sei besorgt, Bilder von ihm mit Atemschutz könnten die Botschaft der Administration untergraben, das Virus sei weitgehend unter Kontrolle und eine Öffnung der Wirtschaft möglich, heißt es. Dass Pence sich nach Kontakt mit einer positiv getesteten Person nur zwei Tage anstatt zwei Wochen vom Arbeitsplatz zurückzog, widerspricht ebenfalls den Verhaltensempfehlungen der Regierungsbehörde CDC.
Trump will weiter auf ein Ende der strikten Schutzmaßnahmen hinarbeiten. „Was wir bislang erreicht haben, ist unglaublich“, so der Präsident. „Wir werden sehr schnell noch mehr schaffen. Das nächste Jahr wird phänomenal.“