Gemeinsam die Krise meistern
Hass und Angst lähmen. In diesen Tagen braucht es vor allem Mut und Verständnis.
Es waren herzzerreißende Szenen am vergangenen Sonntag in vielen Altenheimen: Nach Wochen der Trennung standen sich Ehefrauen und Ehemänner, Mütter und Töchter, Väter und Enkel gegenüber. Am Muttertag sprachen sie wieder direkt miteinander, wenn auch zwei Meter voneinander entfernt oder durch eine Acrylglasscheibe getrennt. Videotelefonie oder Briefe waren wichtig, sie sind aber auch immer ein wenig fremd geblieben. Wir Menschen brauchen einander, mit allen Sinnen. Die Aufhebung des strikten Besuchsverbots in Altenheimen und Hospizen war deshalb – genau wie andere Lockerungen auch – menschlich gesehen ein richtiger Schritt.
Ich habe die Hoffnung, dass diese Krise unsere Gesellschaft einen kann. Die meisten von uns konnten die Maßnahmen der Regierung anfangs nachvollziehen, weil sie uns vor einer Ansteckung schützten. Zuletzt sind die Wortgefechte, vor allem in den sozialen Netzwerken, wieder erbitterter geführt worden. Es werden die Rufe der Menschen lauter, die Kontakteinschränkungen und Maskenpflicht als Drangsal erleben. Auf der anderen Seite stehen die, denen die Lockerungen zu weit gehen. Es braucht Mut und viel Verständnis. Angst, Hass und vorschnelle Feindbilder lähmen, machen blind und das Herz eng. Im Neuen
Testament heißt es: „Gott hat uns nicht einen Geist der Verzagtheit gegeben, sondern den Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“(2 Tim 1,7). Ich meine, dieses Wort des Apostels kann den Weg weisen.
Politik braucht die faire Auseinandersetzung, denn sie hat das Wohl aller im Blick. Es werden bessere Zeiten kommen. Wir sehen, auch in die Innenstädte, auf die Spielplätze kehrt das Leben zurück. Gemeinsam können wir diese Krise überwinden.