Im Paradies der Pfingstrosen
Die Pflanze mit der üppigen Blüte hat es Stephan Tetzlaff angetan. Auf seinen Feldern in Grevenbroich wachsen Tausende der „Rosen ohne Dornen“. Aber auch andere Züchter haben sich den Blumen verschrieben.
GREVENBROICH „Sie ist eine Pflanze für faule Gärtner, aber keine für ungeduldige. Vom Austrieb bis zur Blüte dauert es sechs Wochen, dafür gedeihen Pfingstrosen ohne großes Gedöns und das ewig am gleichen Standort“, sagt Stephan Tetzlaff. Der 57-Jährige muss es wissen: Auf seinen mehr als zwei Hektar großen Feldern wiegen sich weit mehr als 10.000 solcher „Rosen ohne Dornen“im Wind. Rund 700 Arten und kultivierte Sorten der Gattung Paeonia hat der Gartenbau-Ingenieur in den vergangenen 25 Jahren gezüchtet. Damit zählt das Pfingstrosen-Paradies in Grevenbroich bundesweit zu den größten in der Branche.
Es gibt gelbe, dunkelrote, weiße und rosafarbene Exemplare, solche mit tellergroßen Blütenkelchen, aufgebauschten Halbkugeln und puscheligen Pompons. Gefüllte, halbgefüllte oder ungefüllte heißen „Desdemona“oder „Don Richardson“, „Moon River“oder „Moonrise“, „Duchesse de Morny“, „Red Grace“und „Contessa“. Die Vielfalt an Farben und Formen ist schier endlos.
Ob schlichte alten Bauern-Pfingstrosen, Edelgewächse und Baumpäonien (keine Stauden, sondern Gehölze) bis zu den modernen Itoh-Hybriden (Kreuzung zwischen den Blütenfarben und -größen der Strauchpäonien mit der Wuchskraft der Staudenexemplare, 1954 durch den Japaner Toichi Itoh) – sie entfalten ihre volle Schönheit im Schaugarten des rheinischen Familienunternehmens von Ende April bis Mitte Juni – und dann ist Schluss mit der Blütenpracht. Die restlichen zehn Monate wird gezüchtet, gejätet und verkauft – stationär und online in alle Welt.
Im Schaugarten, der für Besucher geöffnet ist (Zeiten siehe Internetseite), hat Stephan Tetzlaff viele Sorten angepflanzt und sie mit passenden Begleitstauden kombiniert. So eignen sich beispielsweise Akelei, Bart Iris, Rittersporn, Taglilien, Allium und viele Salbei- Arten als perfekter Begleiter. Und der Kunde nimmt gleich eine Idee für zu Hause mit. Für die Vase eignen sich übrigens nur die Staudenpfingstrosen.
Mit zwölf Jahren hat Tetzlaff mit seiner Päonien-Sammlung begonnen. Als er sich in der 1990er Jahren bei einem Züchter in Wisconsin/USA in die „Bartzella“verliebt hat („ich habe damals eine für 250 US-Dollar gekauft“), wurde aus der Leidenschaft ein Beruf. Seine Frau Cordula hat er erfolgreich angesteckt, sie kümmert sich neben ihrem Job als Bibliothekarin an der Uni Düsseldorf um das Schnittblumen-Geschäft. Mit Sohn Max, gelernter Staudengärtner und derzeit Student, steht die zweite Generation in den Startlöchern.
Während beispielsweise Landwirt Bernd Wirtz in Erkelenz auf seinen weitläufigen Feldern Pfingstrosen zum Selberschneiden bewirtschaftet, bieten einige Gärtnereien und Gartencenter aus der Region, darunter Pötschke aus Kaarst und Schlößer aus Moers, zu ihrem Sortiment auch eine kleine Auswahl an Päonien an.
Spezialisiert auf den Anbau hat sich die Familie Schloeßer in Köln-Frechen, die jedoch ihre rund 50 verschiedenen Sorten ausschließlich als Schnittblumen verkauft. Als Züchter und Veredler hat sich indes Stephan Tetzlaff mit seiner Riesen-Auswahl weit über die Grenzen hinaus und nach eigenen Angaben selbst im Ausland einen Namen gemacht.
Bei der Anzucht verlangen vor allem die Strauchpfingstrosen viel Geduld. Im Gegensatz zu ihren Staudenkollegen gedeihen sie erst im Laufe der Jahre zu üppigen Sträuchern heran. Dafür sind sie dann extrem beständige Schönheiten. Bei den Itoh-Neuzüchtungen, auch bekannt als „Intersektionelle Hybriden“, gehören zu Tetzlaffs Sortiment gefüllte Sorten wie die sonnengelbe und duftende „Bartzella“mit roten Basalflecken in der Mitte, und der gelbe, von violetten Flecken und Streifen durchzogene „Lollipop“ebenso wie die einfachblühende „Scarlett Heaven“(rot) und der „Norwegian Blush“(rosa).
Sie erreichen eine mittelgroße Wuchshöhe (bis zu einem Meter), die drei Stammarten der Strauchpäonien werden jedoch bis zu 1,50
Meter hoch. Ihre zeitaufwendige Vermehrung macht die raren neuen Sorten in der Anschaffung nicht gerade zu den preisgünstigsten Gartengewächsen.
Der Experte aus Grevenbroich bietet Jungpflanzen mit fünf bis sieben Augen zu Preisen zwischen 25 und 50 Euro an. Blütezeit ist je nach Sorte im Mai und Juni, wobei die Hybriden wochenlang immer wieder Knospen nachtreiben. Für zwölf Euro bekommt man allerdings in Grevenbroich schon gute klassische Staudensorten.
Wer Pfingstrosen anfasst, bekommt davon nicht selten klebrige Finger. Das ist der süße Nektar, den die Pflanzen in großen Mengen produzieren. Er verklebt allerdings auch gerne die schönen Blütenblätter, so dass sich die Pfingstrosen nicht richtig öffnen.
Ein Tipp: Die noch geschlossene Knospe unter einen weichen Strahl lauwarmes Wasser halten. Innerhalb von zwei oder drei Tagen – so erklärt es der Fachmann – ist die Blume meist voll erblüht. Wer sie in die Vase stellen will, muss sich beeilen – die Saison endet nach Pfingsten.
Die Sorten heißen „Desdemona“, „Don Richardson“, „Moon River“, „Moonrise“oder „Duchesse de Morny“