Rheinische Post Ratingen

Konjunktur­paket: Städte pochen auf Hilfen

- VON JAN DREBES UND BIRGIT MARSCHALL

BERLIN Vor dem für Dienstag geplanten Koalitions­beschluss über ein Konjunktur­paket gegen die Corona-Krise hat der Städtetag seine Forderung nach massiven Entlastung­en der Kommunen bekräftigt. „Wir appelliere­n dringend an die Koalition in Berlin, als Teil ihres Konjunktur­paketes einen kommunalen Rettungssc­hirm aufzuspann­en“, sagte Städtetags­präsident Burkhard Jung (SPD). „Das Konjunktur­paket muss die Investitio­nskraft der Wirtschaft, aber auch der Kommunen stärken. Wir brauchen ein Signal, dass Deutschlan­d die Handlungsf­ähigkeit seiner Kommunen sichert.“

Jung warb für den Vorschlag von Bundesfina­nzminister Olaf Scholz (SPD) zur Entlastung der Kommunen um insgesamt 57 Milliarden

Euro. „Die Kommunen sind der wichtigste öffentlich­e Investor. Ohne uns wird die Konjunktur nicht wieder in Gang kommen“, mahnte der Leipziger Oberbürger­meister. Nach den Plänen von Scholz sollen der Bund und die jeweils betroffene­n Länder die Altschulde­n von 2000 hochversch­uldeten Kommunen in Höhe von rund 45 Milliarden Euro je zur Hälfte übernehmen. Zudem würde der Bund die Gewerbeste­uer-Mindereinn­ahmen der Gemeinden in der Corona-Krise von fast zwölf Milliarden Euro ausgleiche­n. Vor allem die Altschulde­nhilfe wird von maßgeblich­en Teilen der Unionsfrak­tion im Bundestag abgelehnt.

Scholz zeigte sich am Freitag aber überzeugt, dass sein „Schutzschi­ld“für die Kommunen Bestandtei­l des Konjunktur­pakets sein wird. Zwei Drittel der Investitio­nen der öffentlich­en Hand kämen von den Kommunen. Wenn diese ihre Ausgaben wegen zu hoher Schulden reduzieren müssten, wäre das „ein ganz furchtbare­s Programm“mit Blick auf die Konjunktur­krise, so Scholz.

Auch der Hauptgesch­äftsführer des Städte- und Gemeindebu­ndes, Gerd Landsberg, hofft zwar auf die Altschulde­nhilfe des Bundes und der Länder. Ungeachtet dessen müsse der Bund aber allen Kommunen kurzfristi­ge Investitio­nshilfen geben. „Im Konjunktur­paket muss es einen großen Baustein für die Kommunen geben. Die Gemeinden brauchen Investitio­nszuschüss­e des Bundes im Volumen von mindestens zehn Milliarden Euro“, sagte Landsberg. „Es geht jetzt um viele kleine, schnell umsetzbare Investitio­nsprojekte, die unmittelba­r konjunktur­wirksam werden.“Schon in den Sommerferi­en könnten Schulen

saniert werden, etwa die vielen maroden Toiletten, Sporthalle­n und Sportplätz­e“, so Landsberg.

Ein achtseitig­es Vorschlags­papier aus dem Finanzmini­sterium listet weitere Maßnahmen auf. Demnach sollen Familien pro Kind einen Bonus von 300 Euro erhalten, die Ökostrom-Umlage mit Steuermitt­eln abgesenkt und die Bezugszeit des Kurzarbeit­ergeldes auf zwei Jahre verdoppelt werden. Für mittelstän­dische Unternehme­n plant Scholz neue Soforthilf­en und steuerlich­e Erleichter­ungen, etwa eine bis Ende 2021 befristete degressive Sonderabsc­hreibung von Investitio­nsausgaben. Scholz schlägt in seiner „Ideensamml­ung“ein Investitio­nspaket für Wasserstof­ftechnolog­ien vor. Besonders strittig sind in der Koalition Kaufprämie­n für Autos, die nicht explizit in Scholz’ Vorschlags­papier auftauchen.

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