NRW dringt auf gerechte Bezahlung
Die Heimatministerin plant einen bundesweiten Vorstoß gegen die ungleiche Bezahlung von Landesangestellten. Die Tarifpartner sollen einen einheitlichen Bewertungskatalog entwickeln.
DÜSSELDORF NRW-Heimatministerin Ina Scharrenbach (CDU) startet eine bundesweite Initiative, um die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen in Tarifverträgen durchzusetzen. „Ich erwarte, dass der Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder diskriminierungsfrei ist. Es darf nicht sein, dass ein Tarifvertrag gegen das Grundgesetz verstößt“, sagte Scharrenbach unserer Redaktion.
Arbeitgeber und Gewerkschaften als Tarifpartner seien gefordert, die Ungleichheiten zu beseitigen. „Die Anti-Diskriminierungsstelle des Bundes hat schon 2018 festgestellt, dass der Tarifvertrag die rechtlichen Anforderungen nicht erfüllt“, so Scharrenbach. Seither habe sich zu wenig getan: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Tarifpartner ernsthaft Geschlechterdiskriminierung betreiben wollen.“
Die Gleichstellungsminister der 16 Bundesländer sollen daher nach Scharrenbachs Willen die Tarifparteien auffordern, aktiv zu werden.
Diese sollen einen einheitlichen Bewertungskatalog für alle Tarifbeschäftigten entwickeln, mit präzisen Kriterien. Die bestehenden Systeme müssten im Hinblick auf gleiche Entlohnung rechtlichen Grundsätzen standhalten.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes kam 2018 zu dem Ergebnis, dass der Tarifvertrag an vielen Stellen dem Gleichheitsgrundsatz der Verfassung widerspricht. Dies führe etwa dazu, dass männlich dominierte technische Arbeit grundsätzlich besser bezahlt werde als soziale und pflegerische Tätigkeiten. Ein Beispiel: Technische Assistenten in der höchsten Entgeltstufe verdienen kumuliert über 34.000 Euro im Jahr mehr als Pflegekräfte. Die Ursachen für die Ungleichheit sind der Studie zufolge sehr vielfältig. Ein Grund seien subjektive und intransparente Bewertungskriterien. So gilt laut Studie zwar Arbeit im Gartenbau als „besonders bedeutend“, nicht aber Tätigkeiten in der Pflege.
Dazu Scharrenbach: „Es ist der Klassiker: Wo mehr Männer arbeiten, sind die Löhne meist höher.“Das liege auch daran, dass in den Tarifkommissionen überwiegend Männer säßen: „Wenn Frauen nicht mit verhandeln, können sie ihre Anliegen schlechter durchsetzen.“
Ausgehandelt wird der Tarifvertrag auf Arbeitnehmerseite von Gewerkschaften wie Verdi, dem Beamtenbund oder der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft. Auf Arbeitgeberseite sind es die Finanzminister der Länder, in NRW also Scharrenbachs Kabinetts- und Parteikollege Lutz Lienenkämper (CDU).
Im NRW-Finanzministerium hieß es dazu, die Tarifpartner hätten im Rahmen ihrer Tarifautonomie auch immer die Diskriminierungsfreiheit vor Augen. Überdies habe es im März 2019 bereits umfassende Änderungen der Eingruppierungsvorschriften gegeben. „Davon erfasst sind auch die Beschäftigten mit typischerweise überwiegend von Frauen ausgeübten Tätigkeiten, die dadurch insgesamt eine Aufwertung erfahren haben.“Auch die Arbeitnehmerseite sieht Verbesserungen, aber die Arbeitgeber müssten auch mitziehen, teilte Verdi auf Anfrage mit.
Aus der Sicht von Scharrenbach ist jedoch noch deutlich mehr zu tun: „Es ist lobenswert, dass die Tarifpartner bereits einige Ungleichheiten beseitigt haben. Aber wir brauchen weitere Anstrengungen. Gleiche Bezahlungen und gleiche Chancen in allen Bereichen zu schaffen, ist ein langer Weg. Wir sind noch nicht im Ziel.“