Die fragwürdigen Tricks der Uber-Fahrer
Der Fahrdienstvermittler hat in der Krise Kunden eingebüßt. Doch das ist nicht das einzige Problem des Unternehmens. Fahrdienstvermittler steckt im Abwärtsstrudel
METTMANN Die Uber-Jäger sind zu dritt gekommen. Sie sollen der Richterin am Amtsgericht Mettmann berichten, was sie an jenen drei Tagen im Mai und Juni 2019 beobachtet haben, um die es hier heute geht. Und sie haben einiges zu berichten: von Mietwagen-Fahrern, die minutenlang in Düsseldorf in der Nähe des Flughafens parken, obwohl sie eigentlich zu ihrem Betriebssitz zurückkehren müssten. Von den Fotos, die sie gemacht haben, und den Versuchen, über das Smartphone per Uber-App diese Fahrzeuge zu bestellen. Es hat immer geklappt, obwohl es nicht hätte klappen dürfen. Die Uber-Jäger sind eigentlich Taxifahrer, aber nebenbei spüren sie immer wieder anderen Fahrern hinterher, die sich nicht an die Regeln halten.
Seit Uber im Oktober 2018 sein Angebot in Düsseldorf gestartet hat, bekämpfen Teile der Taxi-Branche den US-Mobilitätsdienst mit allen Mitteln – genau wie in anderen Städten. Verstöße werden zur Anzeige gebracht. Vor Gericht treffen die Taxifahrer als Zeugen dann auf Unternehmer wie Brahim L. aus Berlin. Als Uber nach Düsseldorf kam, kam er mit. Brahim L. erzählt, er habe unter anderem Standorte in Neuss, Duisburg und einen im Kreis Mettmann. Wie ein Ring legen sie sich um die Stadt Düsseldorf, in der man schon lange beobachtet, dass die Mietwagen-Unternehmer ins Umland ausweichen, wo anfangs nicht so genau kontrolliert wurde, ob alle Rückkehrpflichten bei Fahrten innerhalb der Landeshauptstadt eingehalten werden. Inzwischen hat sich das geändert. Inzwischen, sagt Brahim L. vor Gericht, habe er auch einen Sitz in der Nähe des Flughafens.
Es gibt kaum ein Start-up, das so umstritten ist wie der Fahrdienstvermittler Uber. Denn einerseits hat das Unternehmen auch elf Jahre nach der Gründung noch nicht beweisen können, dass das eigene Geschäftsmodell nachhaltig profitabel sein kann (siehe Kasten).
Andererseits steht Uber praktisch seit der Gründung in der Kritik wegen
Bilanz Von Juli bis September dieses Jahres machte Uber einen Verlust von 1,1 Milliarden Dollar bei einem Umsatz von 3,1 Milliarden Dollar. Uber plant, Ende des kommenden Jahres schwarze Zahlen zu schreiben.
Fahrten Auf Jahressicht liegt das Minus bei den bestellten Fahrten in erster Linie aufgrund der Corona-Pandemie derzeit bei 50 Prozent. der Arbeitsbedingungen der Fahrer oder Verstößen gegen geltendes Recht. In den USA konnte Uber gemeinsam mit dem Konkurrenten Lyft mit viel Aufwand und einer angeblich 200 Millionen Dollar teuren PR-Kampagne gerade noch verhindern, dass man die selbstständigen Fahrer in Kalifornien fest anstellen muss. Parallel zur Präsidentschaftswahl wurde dort auch über die sogenannte Proposition 22 abgestimmt, eine Volksabstimmung, mit der man ein entsprechendes kalifornisches Gesetz kippen wollte. Am Ende setzten sich Uber, Lyft und Co. mit ihrer Haltung durch.
In Deutschland ist das nicht so einfach. Hier setzt das veraltete Personenbeförderungsgesetz dem Unternehmen enge Grenzen. Eine Reform sollte in dieser Wahlperiode stattfinden, doch hinter den Kulissen wird immer noch über die Ausgestaltung gerungen. Uber und Konkurrenten wie Freenow setzen auf die Reform. Die Fahrer von Brahim L. sind laut seinen Angaben für beide Unternehmen unterwegs. Dabei sei die klare
Anweisung, dass alle Regeln eingehalten werden müssten. Brahim L. hat einen Betriebsleiter eingestellt, der dafür zu sorgen hat. Jeder Fahrer müsse nach Beendigung einer Fahrt zum Betriebssitz zurückkehren. So will es das Gesetz. So will es laut eigener Aussage auch Brahim L. Die Richterin spricht ihn am Ende frei. Sie sieht Verstöße gegen das Personenbeförderungsrecht. Doch sei nicht Brahim L. verantwortlich.
In der Taxi-Szene wird Uber unterstellt, das Risiko von Rechtsbrüchen auf die Mietwagen-Unternehmer abzuwälzen. Diese wiederum machen im Zweifel die Fahrer verantwortlich. „Jeder Fahrer hat seinen eigenen Kopf“, sagt der Betriebsleiter.
Die Uber-Jäger sehen das anders. Jede Fahrt, so Brahim L., müsse beim Betriebssitz eingehen und werde weitergeleitet. Müsste der Betriebsleiter dann nicht verhindern, dass Fahrer eine Fahrt zugewiesen bekommen, die diese gar nicht annehmen dürften? Diese Frage stellt das Amtsgericht nicht. Die Uber-Jäger sagen, sie würden daher weitermachen.