Michael Becker und sein Leben mit dem Virus
Heute (Freitag) war ich zum ersten Mal für längere Zeit aus dem Bett. Meine Familie – meine Frau Sara und vier Kinder im Alter von 10 bis 17 – mussten zum Corona-Drive-In, und ich habe die Morgensonne genossen. Die Stufen zum Dach hatte ich bis heute noch nie gezählt. Puh. Man wird bescheiden. Ich habe jetzt neun Tage fast ohne Pause liegend verbracht. Etwas anderes hätte ich gar nicht geschafft. Home-Office-Versuche und ZoomCalls sind in Schüttelfrost gemündet. Heute ist der erste Tag, an dem ich eine Verbesserung spüre. Endlich schlafe ich nicht nach zehn Minuten beim Lesen ein (Meg Wolitzer „Die Interessanten“). In den ersten Tagen ging überhaupt nur Hören. Dafür habe ich mir zwei „Massive“vorgenommen: Alle Beethoven-Sinfonien
mit dem Dänischen Kammerorchester und Adam Fischer. Und „Hope Street“von Campino. Beides sehr anrührend und unverwechselbar. Die Familie hält mich über Wasser. Wenn schon krank, dann hier. Mit der besten japanischen Hühnersuppe, selbstgebackenen Muffins, Bayerischer
Creme (von wechselnden Köchinnen) und ausreichend „Szene“, um zu wissen, dass es außer Corona auch noch richtige Probleme gibt: die Abi-Vorbereitung, Praktikums-Anmeldung, „Papa. Er hat Georgia!“und erstaunliche Fortschritte an der linken Hand bei den fünf Übe-minuten unserer Minimalistin.
Und wenn wir etwas nicht hinbekommen, stehen die Nachbarn, Freunde und das Tonhallen-Team wie eine Eins! Ich muss jetzt noch fünf Tage weg bleiben von den anderen. Und wenn wir am kommenden Mittwoch einfach nur alle gesund sind und gesund geblieben sind, dann bin ich schon sehr dankbar.
Protokolliert von Brigitte Pavetic