Die Nachtresidenz wird 20 – gefeiert wird 21
Der Club in Nähe der Kö hat runden Geburtstag, doch Corona lässt keine Party zu. Die Zwangsschließung wurde zum Umbau genutzt.
STADTMITTE Am vergangenen Wochenende war es in der Nachtresidenz gespenstisch. Allerdings lag das nicht an Halloween, sondern an der Stille, die in dem Club in der Nähe der Königsallee wegen der Corona-Pandemie seit Monaten herrscht. Zuletzt wurde am 6. März in der Nachtresidenz getrunken, geflirtet und getanzt, seitdem ist sie geschlossen. Dass die Lichter auch im November weiterhin aus bleiben, schmerzt die beiden Geschäftsführer Marcel Oelbracht und Daniel Kutscha nicht nur aus wirtschaftlicher Sicht, sondern auch aus emotionaler. Sie hatten Großes geplant: Mitte des Monats sollte der 20. Geburtstag der Nachtresidenz gefeiert werden.
Dass auch diese besondere Party coronabedingt ausfällt, damit haben sich Oelbracht und Kutscha längst abgefunden. Oelbracht, der die Tage seit der Schließung zählt – seit dem 6. März sind 246 vergangen –, glaubt nicht an eine baldige von der Regierung erlaubte Wiedereröffnung: „Mein Bauchgefühl sagt mir, dass der Zustand bis August oder September 2021 anhalten wird.“Er habe schon im Frühjahr damit recht behalten, dass die Zwangsschließung länger geht: „Wir wurden als die größten Pessimisten dargestellt und von den Kollegen belächelt, als ich sagte, dass wir bis September oder Oktober zumachen müssen. Dass wir jetzt den zweiten Lockdown haben und es überall wahrscheinlich bis ins erste Quartal 2021 nur mit angezogener Handbremse weitergeht, damit habe ich damals aber auch nicht gerechnet.“
Für die Geschäftsführer gehört die Nachtresidenz neben dem P1 in München zu den bekanntesten Clubs Deutschlands. Der 20. Geburtstag werde deshalb auch mit einer großen Party mit noch mehr Kuchen, Konfetti und Liveacts am besten 2021 irgendwann nachgeholt. Mit einem Investor im Rücken und einem Vermieter, „der uns wahnsinnig fair entgegenkommt“, können Oelbracht und Kutscha auch etwas leichter als Branchenkollegen in die Zukunft schauen.
Oelbracht glaubt, dass einige Betriebe die Krise nicht überstehen werden und sich die gesamte Gastronomie nach der Corona-Zeit verändern wird. Bei der Nachtresidenz lautet das Motto hingegen unverändert „Wir kommen wieder“– eindrucksvoll zu sehen in einem Video in den sozialen Medien.
„Man glaubt an das Team, an uns und das Konzept, mit dem wir in den vergangenen drei Jahren erfolgreich gewesen sind und die Düsseldorfer wieder zurückgewonnen haben. Wir sind auf neue Trends eingegangen und waren nicht beratungsresistent“, sagt Kutscha. Die Nachtresidenz habe in ihrer jüngeren Vergangenheit
anders als früher nicht mehr den besten Ruf gehabt und an einem kritischen Punkt gestanden, mitten in der Aufbruchphase und nach einem „tollen Jahr 2019“sei sie nun in der Corona-Krise wieder „fast in die Steinzeit zurückgeworfen worden“. Bei allen Problemen habe die Pandemie jedoch auch etwas Gutes, denn wenn die Nachtresidenz irgendwann wieder öffne, werde sie kaum wiederzuerkennen sein.
Oelbracht und Kutscha waren sich nicht zu schade, die Malerklamotten anzuziehen und mit dem Team den Club zu renovieren. 15 Tonnen Unrat seien entsorgt worden, als alles auf den Prüfstand gestellt wurde. Das DJ-Pult ist weg, neue Böden und Fliesen wurden verlegt, es gibt neue Theken und ein verändertes Kassensystem. Und zum ersten Mal in der Geschichte des Clubs gibt es einheitliche Möbel. Größter Hingucker
ist aber das Restaurant im Erdgeschoss, das schon vor der Cluböffnung um 23 Uhr und die ganze Nacht auf haben wird. „Anstatt sich nach dem Feiern woanders einen Burger oder einen Döner zu holen, kann man in Zukunft bei uns eine Pizza bekommen“, sagt Oelbracht.
Doch bis es so weit ist, wird es in der Nachtresidenz trotz des runden Geburtstags weiterhin gespenstisch still bleiben – auf unbestimmte Zeit.