Neue Trends wie etwa der Online-Einkauf beeinflussen nicht nur die Gestaltung von Immobilien und Märkten. Sie können Auswirkungen auf die gesamte Gestalt einer Region haben. Was ist hier zu erwarten?
Große Wellen hat in Düsseldorf die Schließung des Kaufhofs am Wehrhahn geschlagen. Auch wenn der Einzelhandel in der Stadt stark ist, haben viele darin ein Signal gesehen. Klaus Franken (Catella Project Management) sagt sogar: „Die Innenstadt muss sich neu erfinden.“Im Einzelhandel beobachte man schon länger, dass große Warenhäuser vom Markt gehen. „Für Immobilienbesitzer entsteht hier ein erheblicher Abschreibungsbedarf. Das ist ein schmerzlicher Prozess.“Andererseits ist es eine große Chance, für innerstädtische Flächen neue Nutzungen zu integrieren. „Die zukunftsfähige City verknüpft Handel und Gastronomie im EG und vielfältigen Funktionen in den Obergeschossen, wo Wohnen, Kultur, Dienstleistungen, etc. Platz finden – nur zum Einkaufen kommt keiner mehr in die City.“
Am Wehrhahn habe es schon länger Strukturprobleme gegeben, sagt Ruth Orzessek-Kruppa (Planungsamt Stadt Düsseldorf). „Der Standort hat aber viele Potenziale auch für eine gemischte Nutzung. Die tun sich jetzt auf.“Das sieht Max Schultheis (CBRE) ähnlich: „Hier eröffnet sich jetzt die
Chance, qualitativ hochwertige Quartiere zu entwickeln. Da deren Umsetzung jedoch einige Zeit in Anspruch nehmen wird, sollten hier adäquate, zu Düsseldorf passende Zwischennutzungen ermöglicht werden.“Es sollte aber nicht irgendeine Zwischennutzung sein. Sie solle qualitativ hochwertig ausfallen, fügt Ariane Künster (Liegenschaftsamt Stadt Düsseldorf ) hinzu.
„Es besteht jetzt die Chance, die Innenstädte attraktiver zu machen“, fasst Werner Fliescher (Haus und Grund) zusammen. „Aber wer viel investiert, braucht eine gewisse Miete. Andererseits ist eine zu hohe Miete schlecht für die Stadtentwicklung.“Immerhin stehe die Stadt im Vergleich zu anderen Kommunen gut da. „Es gelingt der Stadt, Wohnen und Gewerbe intelligent zu verbinden und die Innenstadt attraktiv zu gestalten.“Allerdings hat Fliescher den Eindruck, dass durch den Trend zu Homeoffice Wohnraum im Umland attraktiver wird.
Damit wendet sich die Diskussion einem grundsätzlichen Thema zu: Wie sieht das Verhältnis der Stadt zur Umgebung aus? „Der Markt Düsseldorf umfasst die Metropolregion“, definiert Klaus Franken. „Das Umland gehört dazu. Wichtig ist die Anbindung. Die
Catella Projekte mit rund 4000 Neubauwohnungen befinden sich entlang der S8, in Düsseldorf, Erkrath und Mönchengladbach.“
Düsseldorf sollte sich ohnehin stärker im Kontext der Rhein-Ruhr Region verstehen, meint Max Schultheis (CBRE). International werde Düsseldorf nicht nur als einzelne Stadt wahrgenommen, sondern als der wirtschaftliche und politische Mittelpunkt der Rhein-Ruhr-Region, quasi als das zentrale Gelenk zwischen Rheinschiene und Ruhrgebiet.
Hier gilt es die schlummernden Potentiale in der Zusammenarbeit mit den Nachbarstädten intensiver zu heben.
„Wir beobachten schon seit geraumer Zeit, dass das Umland interessanter wird. So rückt zum Beispiel der Duisburger Süden in den Fokus“, stellt Thomas Schüttken (Böcker Wohnimmobilien) fest. Welche Rolle spielt dabei der neue Trend zum Homeoffice? Die Hemmschwelle, ins Umland zu ziehen, werde niedriger werden, wenn durch Homeoffice die Menschen weniger pendeln müssen, mutmaßt Alexander Schmitz (Interboden). Konsequenz: „Dadurch werden die Preise im Umland noch weiter steigen. Wohnen in Düsseldorf wird zunehmend zum Luxusgut.“Was die Grundstückspreise angehe, habe Corona leider keine Vernunft in den Markt gebracht. „Der politische Druck auf preisgedämpftes Wohnen führt zudem dazu, dass die freifinanzierten Wohnungen immer teurer werden müssen, weil die Grundstückspreise trotz Handlungskonzept Wohnen
nicht sinken.“Das Homeoffice werde nicht zu großen Verschiebungen führen, meint Werner Fliescher indes. „Deswegen ziehen die Menschen nicht ins Umland.“Eher sind es die Preise, wie Stefan van Dick (Wilma Immobilien) anmerkt: „Wir beobachten in den vergangenen zwei bis drei Jahren, dass die Kunden weiter ins Umland ziehen, wenn sie in Düsseldorf nichts finden. Die Finanzierbarkeit steht hier immer an erster Stelle. Der Effekt könnte sich durch Corona noch verstärken. Viele Menschen können sich teure Einfamilienhäuser in Stadtlage nicht mehr leisten. Für die müssen wir neue Produkte schaffen.“Die Bereitschaft, ins Umland zu ziehen, sieht Stefan Dahlmanns (Instone Real Estate) nicht als Nachteil. „Wichtig ist aber auch die Nachverdichtung und Flächenaktivierung in den Zentren sowie eine stärkere Verknüpfung mit dem Umland. Das bietet die große Chance, dass das Umland gewinnen kann und die Region in Gänze gestärkt wird.“Mönchengladbach gebe hier ein gutes Beispiel. „Die Stadt hat die Zeichen der Zeit erkannt, die Entwicklung der letzten Jahre ist schon beeindruckend.“Allerdings werden Immobilien auch rund um Düsseldorf teurer, wie Bernd Meier (Hüttig &
Rompf) feststellt: „Wir haben jetzt schon eine starke Preisentwicklung im Umland.“In seiner Heimatstadt Dormagen sei die Preisentwicklung immens. Selbst in kleinen Nachbardörfern schießen die Preise nach oben. „Am Ende entscheidet immer das Portemonnaie, was man sich wo leisten kann. Fest steht: Es wird auch in Zukunft nicht mehr günstiger werden.“
Holger Knille (Stadtsparkasse Düsseldorf) spürt ebenfalls auch auf Finanziererseite, dass der Düsseldorfer Speckgürtel und das Umland immer stärker nachgefragt werden. „Für die Zukunft werden kleinere Immobilien mit intelligenten Zuschnitten und Nutzungskonzepten immer wichtiger. Wir müssen uns auch mit dem Altbestand beschäftigen. Der Großteil der Düsseldorfer Wohnimmobilien im Altbestand wurde vor 1978 gebaut. Das ist auch ein großer und spannender Markt.“
Die Attraktivität der Metropolen werde indes nicht einbrechen, ist Stefan Dahlmanns überzeugt. „Aber wir sollten uns nicht mehr nur auf die Kernstädte fokussieren, sondern stärker die Regionen in den Blick nehmen und vernetzten und damit die entscheidenden Weichen für eine positive Entwicklung stellen.“