FDP erklärt sich bereit für Ampelkoalition in Stuttgart
BERLIN Die Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben die FDP auf den Weg zu einer vergangen geglaubten Funktion zurückgebracht: als Zünglein an der Waage zu dienen. Waren die ersten Jahrzehnte der Bundesrepublik davon geprägt, dass die Liberalen mal die Christdemokraten, mal die Sozialdemokraten ins Kanzleramt brachten, wächst sie nun grundsätzlich in eine Rolle hinein, mit der sie ein Jamaika-Bündnis mit Union und Grünen oder eine Ampel-Koalition mit SPD und Grünen an die Macht zu bringen vermag.
„Die Zeit der Lager ist vorbei“, stellt Baden-Württembergs FDP-Spitzenkandidat Hans-Ulrich Rülke bei der Analyse des Wahlergebnisses fest. Nach Jahrzehnten einer Zusammenarbeit mit der CDU im Ländle hätten die Wähler eine strategisch offenere Aufstellung der FDP akzeptiert. Deshalb werde er den Gremien empfehlen, auf die Einladung von Grünen-Regierungschef Winfried
Kretschmann für Sondierungen ab Freitag dieser Woche einzugehen. Er sei bereit, in einer Ampelkoalition in Stuttgart Regierungsverantwortung zu übernehmen.
Allerdings sieht FDP-Chef Christian Lindner auch die Fallstricke auf einem parallelen Weg auf Bundesebene und lehnt es ab, die Ampelkarte auch schon perspektivisch für die Bundestagswahl im Herbst zu ziehen. Denn bei SPD und Grünen hätten solche Koalitionsspekulationen auch „instrumentellen Charakter“: Sie sollten davon ablenken, dass Stimmen für SPD und Grüne auch zu einer Koalition mit den Linken führen könnten. Deshalb sieht sich der FDP-Vorsitzende veranlasst, zu unterstreichen, dass die Liberalen „den Inhalten der Union näher“seien. Zudem warnt Lindner mögliche künftige Koalitionspartner und erinnert an den Auszug aus den Jamaika-Verhandlungen: Wenn die FDP nicht genügend Raum zur Mitgestaltung bekomme, habe sie „die Kraft und den Mut, auch Nein zu sagen“.