Tunesien wird unabhängig
Mehr als drei Jahrhunderte lang war Tunesien Teil des
Osmanischen Reichs. Trotzdem verfügte der herrschende Bey, der offiziell nur als Statthalter eingesetzt war, über eine hohe politische Autonomie. Doch im 19. Jahrhundert musste die Regierung unter Bey Muhammad III. al-Husain den Staatsbankrott verkünden. Die europäischen Großmächte nutzten die Gelegenheit, ihren Einfluss auszubauen. Unter Duldung der Osmanen übernahm eine Finanzkommission mit Beteiligung von Großbritannien, Frankreich und Italien die Kontrolle über die tunesische Wirtschaftspolitik. 1881 marschierten französische Truppen in Tunesien ein. Die Regierung unter Premierminister Julius Ferry hatte einen Vorwand genutzt und das Land innerhalb von wenigen Wochen erobert. Tunesien wurde gezwungen, den Status als französisches Protektorat zu akzeptieren. Anfang des 20. Jahrhunderts wuchs der Widerstand gegen die Fremdherrschaft. Die Partei Destur (später Néo-Destur) kämpfte für die Unabhängigkeit. Der Zweite Weltkrieg verstärkte die Bestrebungen weiter. In der Nachkriegszeit begannen Verhandlungen, die allerdings 1951 zunächst scheiterten. Doch die Unruhen setzten sich fort und konnten erst beruhigt werden, als der französische Ministerpräsident und Außenminister Pierre Mendès France Tunesien 1954 innere Autonomie zusicherte. Im gleichen Jahr begann der Krieg in Algerien. Frankreich konzentrierte seine Kräfte auf diese Auseinandersetzung und führte in Tunesien weitere Verhandlungen. Am
20. März 1956 erkannte Frankreich offiziell die Unabhängigkeit Tunesiens an. Fünf Tage später wählten die Bürger ihre konstituierende Nationalversammlung.