Fan-Ausschluss befeuert Olympia-Debatte
Der Verzicht auf Zuschauer aus dem Ausland trifft Japan ins Mark und stellt die Spiele selbst infrage.
TOKIO (dpa) Japans Corona-Notbremse mit der Aussperrung von Fans und Athletenfamilien aus dem Ausland zwingt die Olympia-Macher von Tokio in eine neue Debatte um den Sinn der Sommerspiele. Neben Millionen-Einbußen bei den Ticket- und Tourismuseinnahmen und dem Herzschmerz der Sportler, die ohne ihre Liebsten anreisen sollen, droht den Tokio-Spielen das Schicksal als seelenloses TV-Sportfest. „Uns tut das sehr leid. Wir wissen, dass es ein großes Opfer für jeden ist“, sagte IOC-Präsident Thomas Bach zum Beschluss der japanischen Gastgeber.
Eine erneute Verschiebung oder komplette Olympia-Absage wie zuletzt von vielen Japanern in Umfragen gewünscht, kommt für die Organisatoren aber nicht infrage.
Japans Ministerpräsident Yoshihide Suga betonte am Sonntag erneut, die Tokio-Spiele sollten „ein Beweis für den Sieg gegen das Coronavirus“werden. „Wir werden Mut und Hoffnung aus Japan in die Welt tragen“, sagte der Regierungschef kurz vor der geplanten Aufhebung des Corona-Notstands im Großraum Tokio.
Zunächst aber schickte die Nachricht am Wochenende Schockwellen durch die olympische Welt. „Es ist ein trauriger Tag, auch wenn die Entscheidung, keine Zuschauer international zuzulassen, vernünftig ist“, sagte der deutsche Athletensprecher Max Hartung im ZDF-„Sportstudio“.
Organisationschefin Seiko Hashimoto versicherte indes, der Entschluss
sei angesichts der weiter besorgniserregenden Corona-Lage in vielen Ländern und der Verbreitung neuer Virus-Varianten „unvermeidlich“gewesen. Ähnlich äußerten sich das Internationale Olympische Komitee, die Paralympics-Macher und der Deutsche Olympische Sportbund.
Ticketkäufer sollen eine Rückerstattung der Kosten für die Eintrittskarten erhalten. Die Zahl der bislang an Ausländer verkauften Tickets bezifferten die Organisatoren auf rund 600.000 für Olympia und 30.000 für die Paralympics.
Für das geplante Budget ist der Ausfall bei den Ticket-Einnahmen ein harter Schlag. Im Etat waren Einnahmen in Höhe von insgesamt 800 Millionen Dollar (rund 670 Millionen Euro) aus dem Ticketverkauf vorgesehen. Die Ausfälle werden vom japanischen Steuerzahler übernommen werden müssen.
Noch unklar ist, ob zumindest einige japanische Zuschauer in die olympischen Arenen dürfen. Im Inland sind bisher knapp 4,5 Millionen Tickets abgesetzt worden. Diese Entscheidung soll im April fallen.
Bis dahin dürfte die Diskussion um die Sicherheit der Sommerspiele in Zeiten der Pandemie weitergehen. Nach den jüngsten Corona-Infektionen bei der Hallen-EM der Leichtathleten im polnischen Torun und dem Fecht-Weltcup in Budapest stellt sich die Frage, ob Olympia mit mehr als 11.000 Sportlern sowie hunderten Betreuern, Funktionären, Helfern und Journalisten zu einer neuen Corona-Welle in Japan führen könnte.
„Es tut uns sehr leid, wir wissen, dass es ein großes Opfer für jeden ist“Thomas Bach IOC-Präsident