Stundenlanges Training – vor der Eishalle
Trotz des Lockdowns hat die Trainerin ein umfangreiches Angebot für ihre U7, U9 und U15 aufrechterhalten. Eine Arbeit, die ihr Spaß macht.
RATINGEN Rainer Merkelbach überlegt keine zwei Sekunden, wer in der Coronavirus-Pandemie eminent wichtig für die Jugend der Ratinger Ice Aliens ist: „Corinna Elspass“, sagt der Schatzmeister des Eishockeyklubs sofort. „Sie trainiert bei uns die U7, U9 und U15 und hat schon im ersten Lockdown im vergangenen Jahr Einzeltraining mit den Kindern gemacht. Da stand sie teilweise zehn Stunden mit den Nachwuchsspielern vor der Halle.“
Dieses Engagement ist sicher nicht selbstverständlich, aber Elspass zuckt nur mit den Schultern: „Wir können ja nicht den Kopf in
„Wir vermissen alle das Eis. Das war schon schlimm, als klar war, dass es nicht weitergeht.“Corinna Elspass
den Sand stecken“, sagt sie lapidar. Natürlich habe man „mit Demotivation“bei den Kindern und Jugendlichen, die monatelang nicht auf ihr geliebtes Eis dürfen, zu kämpfen gehabt, aber: „Mannschaften lassen sich ja auch von ihren Trainern anstecken. Wenn man da motiviert rangeht, ziehen die wunderbar mit.“
Die 40-Jährige liebt die Arbeit mit den Nachwuchsspielern: „Ich mache das sehr gerne. Das ist echt schön, wenn man mit Kindern von dreieinhalb Jahren anfängt und ständig die Entwicklung sieht. Von Kindern bekommt man unheimlich viel zurück. Und wenn man verfolgt, wie aus einem Kind in zwei, drei Jahren ein kleiner Eishockeyspieler geworden ist, ist das einfach toll.“
Vor rund einem Jahr hat Elspass ihren Rücktritt als Trainerin der Aliens-Damen erklärt, die Arbeit in der 2. Bundesliga ließ sich nicht mehr vereinbaren mit der mit der Jugend und zusätzlich ihrem Beruf als Orthopädietechnikerin von Brockers in Kaarst. Für den Nachwuchs hat sie aber immer noch Zeit, macht aktuell mit der U7 und U9 zweimal pro Woche eine Stunde Online-Training. „Das ist bei den Kleinen oft ein bisschen schwierig, deswegen habe ich das recht spielerisch gemacht und ihnen Aufgaben gegeben, die sie auch zu Hause machen können“, berichtet Elspass und meint zum Beispiel Stick-Handling-Übungen, die auch im Wohnzimmer zu schaffen sind, ohne dass die Einrichtung in Mitleidenschaft gezogen würde.
Klassische Elemente wie Kraft, Koordination und Ausdauer kommen beim Online-Training ebenfalls zur Anwendung, zusätzlich hat Elspass Yoga mit aufgenommen. „Ich habe da selbst mit angefangen, und man kann ja nicht immer das gleiche machen mit den Kindern. Deswegen habe ich mir Yoga-Übungen speziell für dieses Alter rausgesucht. Die Kinder machen die vielleicht nicht auf Anhieb perfekt, aber die Eltern helfen im Hintergrund schon mal mit. Dann ist es sehr entspannend.“
Damit nicht alle immer nur vor dem Monitor sitzen, hat Elspass weiterhin Outdoor-Challenges eingeführt. „Einfach, damit die Kinder auch rauskommen“, sagt die Trainerin. „Da gab es dann sieben bis zehn Aufgaben, zum Beispiel: Mach dreimal einen Purzelbaum auf einer grünen Fläche. Oder mach 30 Sekunden
einen Wandsitz. Oder wirf einen Ball hoch, dreh dich einmal im Kreis und fang ihn wieder auf. Oder spring über eine Pfütze. So bekomme ich die Kinder auch mal raus.“Beim Thema Purzelbaum hat Elspass gemerkt, dass es sinnvoll ist, bereits in der U7 mit Turn-Elementen anzufangen, um die Grundlagen der Motorik der Kleinsten zu schulen, die sie auch im Eishockey brauchen.
Bei den älteren ist die frühere Bundesligaspielerin schon strenger: Dreimal pro Woche bittet sie zum Training, es geht um Ausdauer, Koordination und Kraft, viel wird mit dem eigenen Körpergewicht erledigt. Zusätzlich hat Elspass ihren Spielern einen Trainingsplan für sechs Tage pro Woche geschrieben und sie verpflichtet, Trainingstagebücher zu führen, die sie ihr sonntags schicken müssen. Bei mehr als 20 Spielern kommt da schon eine
Menge zusammen. „Im November habe ich auch viel individuelles Training gemacht und mir die Spieler im Abstand von einer Stunde einbestellt“, berichtet Elspass. „Dann gab es eine Dreiviertelstunde knackiges Training, damit zwischen den Einheiten genug Zeit ist, dass sich die Spieler nicht begegnen.“
Dabei ist es genau das, was ihr auch fehlt: die Begegnung. „Die Bindung zwischen Spielern und Trainern geht irgendwann verloren, wenn man sich so wenig und nur auf Abstand sieht“, warnt Elspass. „Es ist wichtig, normal mit Kindern zu kommunizieren und nicht nur online.“So hat sie es auch mit ihrer U15 gemacht. „Wir haben vor dem zweiten Lockdown ja zwei Spiele gehabt und beide gewonnen. Dann war die Saison erst einmal unterbrochen, ich wollte aber, dass die Spieler ihr Fitnesslevel halten, falls es weitergeht. Daher habe ich ihnen erklärt, warum wir das machen.“
Umso bitterer, dass die Saison nicht wieder starten konnte. „Wir vermissen alle das Eis, da geht es mir nicht anders als den Kindern“, sagt Elspass. „Das war schon schlimm, als klar war, dass es nicht weitergehen wird. Vor allem ist den Kindern in der Entwicklung ein ganzes Jahr verloren gegangen – gerade im Bereich der U7 und U9, wo sie eigentlich die größten Schritte machen.“Immerhin: „Fast alle sind noch dabei. Ich habe durch Corona keinen einzigen Spielern verloren.“
Das hat sicher auch mit ihrem Engagement zu tun, denn dass es auch anders aussehen kann, weiß die gebürtige Duisburgerin: „Ich habe Vereine
„Ich liebe die Kinder. Wenn ich die monatelang nicht sehen könnte, würde mir einfach etwas fehlen.“Corinna Elspass
erlebt, die in der Zeit jetzt gar nichts gemacht haben. Ich finde, dass ich da als Trainerin aber gefragt bin und in der Verantwortung stehe, etwas anzubieten. Deswegen bin ich schon im ersten Lockdown direkt zum Vorstand gegangen und habe gesagt: Das ist mein Notfallplan. Wir müssen etwas machen, um die Mitglieder zu halten und vor allem den Nachwuchs trotzdem weiterzuentwickeln.“Einen kleinen Lichtblick könnte der Sommer bieten, die Aliens versuchen dann, Eis in Dinslaken und Wesel anzumieten.
Sollte das in der Pandemie möglich sein, freut sich Elspass darauf schon: „Ich liebe die Kinder. Wenn ich die monatelang nicht sehen könnte, würde mir einfach etwas fehlen.“Seit 2008 ist sie bereits bei den Ice Aliens, die Stürmerin wollte damals aus der Frauen-Bundesliga eine Spielklasse tiefer gehen und verließ deshalb den Grefrather EC, für den sie fast ihre ganze Karriere aufgelaufen war. „Trainer Stefan Binder hatte mich angesprochen, so bin ich nach Ratingen gekommen“, erinnert sich Elspass und ergänzt: „Das hier ist ein schön familiärer Verein. Ich habe das auch schon anders erlebt bei größeren Klubs. Hier ist eine ganz andere Atmosphäre, auch mit den Eltern. Alle kennen einen, das ist toll.“Kein Wunder, wenn man stundenlang seine Freizeit opfert, um den Nachwuchs trotz aller Widrigkeiten zu entwickeln.