Lebensmittelretter: Spenden für die Kiste
Mit ihrem taufrischen Projekt „Noch essbar“rettet Familie Molitor Lebensmittel, die sonst eigentlich im Müll landen würden. Aus den Obst- und Gemüsekisten in ihrem Vorgarten kann man dann selbst zum Retter werden.
HEILIGENHAUS Etliche Tonnen Lebensmittel landen in Deutschland jährlich im Müll. Vieles davon ist eigentlich noch essbar, Obst- und Gemüse aber genügen oftmals nicht mehr den optischen Ansprüchen des Handels und der Kunden. Der Heiligenhauser Familie Molitor gefällt diese Praxis nicht, sie hat kurzerhand die Lebensmittel-Rettungsaktion „Noch essbar Heiligenhaus“gegründet.
Das Credo: „Wir werden Lebensmittel, die zum Verkauf nicht mehr gut genug sind, zum Wegwerfen aber viel zu schade, von Händlern abholen. Ihr müsst sie dann bei uns retten kommen.“Ihre eigens dafür am 28. März eröffnete Facebook-Gruppe hat innerhalb kurzer Zeit bereits über 250 Mitglieder gewonnen und erntet viel Zuspruch: „Das Schönste ist, wie viel Unterstützung wir in der kurzen Zeit schon bekommen haben“, sagt Anna Molitor.
In ihrem Vorgarten an der Mittelstraße 14 haben sie ihre kleine Retter-Station aufgebaut. Selbstgebaut. „Auch das Regal hier ist Recycling. Außer die Nägel“erklärt Erbauer Pascal Molitor. Auf gebrauchtem Holz und unter wiederverwendeten Dachziegeln lagern hier zwei bis drei mal die
Woche Kisten mit frischen Lebensmitteln, die erfahrungsgemäß innerhalb von anderthalb Tagen weg sind.
Am Donnerstag gab es wieder eine ganze Ladung mit Obst und Gemüse. Die hat die Familie mit dem Bollerwagen vom Rüstem-Market an der Hauptstraße abgeholt. „Das sind alles Lebensmittel,
die wir so nicht mehr verkaufen können“, sagt Muhammad Ahmad. Der Inhaber des Rüstem Marktes ist einer der beiden ersten Kooperationspartner, die Familie Molitor für ihr Projekt gewinnen konnte. „Ich finde die Aktion richtig super, wir müssen regelmäßig etwa 100 Kilo Obst- und Gemüse wegschmeißen, im Sommer
sogar 200 Kilo. Das kann ich auch nicht alles mit nach Hause nehmen.“Der Gastronom Daniel Müller ist ein weiter Unterstützer der ersten Stunde. „Wir würden uns noch mehr Lebensmittelretter wünschen“, sagt Anna Molitor. „Händler und vielleicht auch noch Menschen, im Bereich Hetterscheidt oder der Ilp, die Platz für die Aktion haben.“Dafür braucht es natürlich auch Lebensmittel, die noch essbar sind. „Wir sind ja noch frisch dabei.“Vor zwei Jahren hat sie Foodsharing als Möglichkeit entdeckt, überschüssige Lebensmittel zu retten. Das sei ihr aber zu kompliziert und zu bürokratisch gewesen. Eine solches Netzwerk hat es in dieser Form in Heiligenhaus bisher auch gar nicht gegeben. Wie unkompliziert das ist, zeigt sich nun bei dem Besuch im eigenen Vorgarten: „Wir kommen hier ins Gespräch, erinnern dabei an unsere Regeln, aber ich habe letztens auch erlebt, wie die Menschen hier zum Beispiel Rezepte ausgetauscht haben für die Lebensmittel, die hier gerade im Regal standen.“Das Publikum sei gemischt, da sind diejenigen dabei, die den Grundgedanken gut finden, aber auch mal die ältere Dame, die von ihrer Rente eben keine großen Sprünge machen kann. „Uns ist das total egal, solange sich alle an die Regeln halten.“Maske tragen, Handschuhe, Plastikmüll mitnehmen und „bitte nicht alles durchwühlen.“„Wir erleben von den Heiligenhausern einen sehr sorgsamen Umgang mit den Lebensmitteln“, sagt Familie Molitor. Bei ihrem Projekt packen auch die Kinder tatkräftig mit an. Es ist vielleicht auch ein Denkanstoß für andere, denn: „Es ist erschreckend, wie dekadent, unsere Gesellschaft mit Lebensmitteln umgeht, sie wegschmeißt, wo sie an anderer Stelle noch gebraucht werden. Wir sehen die Lebensmittelrettung auch als ein Geben und ein Nehmen.“