Ausgangssperre erst bei Inzidenz von 200
Der Wert liegt in Düsseldorf aktuell bei 150. Der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses fordert die Sperre bereits jetzt.
DÜSSELDORF In Düsseldorf liegen so viele Covid-Patienten auf Intensivstationen wie noch nie. Am Sonntag waren es 53, der bisherige Höchstwert lag an vier Dezembertagen sowie einem Tag im vorigen April bei 47. Bei einem Krisengespräch mit den Klinikdirektoren einigte sich die Stadtspitze am Freitag auf die Verschiebung von Operationen, um ausreichend Platz für Intensivpatienten mit Beatmungsbedarf zu haben. Verweilverbote oder Ausgangsperren soll es jedoch erst ab einer Inzidenz von 200 geben, wenn auch die Schulen wieder schließen müssen, aktuell liegt dieser Wert in der Landeshauptstadt bei 150. Die Stadtverwaltung will mit Info- und Testmobilen in Stadtteile fahren, denen relativ viele Infektionsfälle zuzuordnen sind.
„Die Lage ist unverändert ernst“, kommentierte Stadtdirektor Burkhard Hintzsche (SPD), der Leiter des Krisenstabes, die aktuelle Situation. Am Sonntag waren 190 Beatmungsbetten auf Düsseldorfer Intensivstationen belegt, 23 Prozent davon entfielen auf Covid-19-Patienten. Sechs Betten waren noch frei, weitere 21 könnten innerhalb von zwölf Stunden zusätzlich bereitgestellt werden. Wenn nun so genannte elektive Operationen zurückgestellt werden, um das Krankenhaussystem nicht zu überlasten, dann leiden darunter auch Krebspatienten und andere schwere Fälle, die auf eine rasche
Operation hoffen.
Hintzsche appelliert vor diesem Hintergrund an die Bevölkerung, viel Zeit zu Hause zu verbringen und so wenig Kontakte wie möglich zu haben. Die Krankenhäuser müssen nämlich mit einem weiteren Anstieg schwerkranker Covid-Patienten rechnen. Als die Fallzahlen im Oktober stiegen, erhöhte sich die Zahl der Todesfälle erst im Januar dramatisch. Die Kliniken setzen jetzt Prognosetools der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi) ein, um den weiteren Verlauf besser abschätzen zu können. Darauf hat man sich am Freitag verständigt.
In der neuen Woche startet an den Schulen erneut das Wechselmodell, es gibt also wieder Präsenzunterricht. Hintzsche geht davon aus, dass es dadurch ein zusätzliches Infektionsgeschehen gibt. Die
Hoffnung ruht darauf, dass die Notbremse andererseits einen positiven Effekt hat.
Da die Zahlen dennoch weiter steigen dürften, ist die Frage, ob es nicht auch in Düsseldorf bereits in Kürze zu einer Ausgangssperre kommt. Dafür spricht sich Andreas-Paul Stieber (CDU), der Vorsitzende des Gesundheitsausschusses, aus. Er hatte am Samstag bei einer Fahrt durch Düsseldorf viele
sechs- bis achtköpfige Gruppen gesehen, die gemeinsam ein Bier tranken. Mund-Nasen-Schutz sei die Ausnahme gewesen. „Ich kann die Menschen verstehen, wir sind soziale Wesen und Corona macht mürbe“, sagt Stieber. Dennoch seien genau diese Situationen jetzt besser zu vermeiden. Köln hat bereits bei einer Inzidenz von 160 die Ausgangssperren beschlossen, Stieber hält das „für nicht sinnlos“.
Wie umstritten Ausgangssperren in der Bevölkerung sind, zeigte sich am Samstag bei einem Besuch der Rheinufer-Promenade nach 21 Uhr. Die beiden Familienväter Axel D. und Thomas F. trafen sich zum Bier am Fortuna-Büdchen und zeigten kein Verständnis. Axel D.: „Für mich ist da die Grenze erreicht. Ich würde es dann drauf ankommen lassen, erwischt zu werden.“Ein Bußgeld von 250 Euro könnte drohen. Er sei mit vielen Einschränkungen einverstanden gewesen, aber da fehle ihm das Verständnis, da es draußen nur eine geringe Infektionsgefahr gebe. Auch wenn er verstehe, dass mit der Regel auch drinnen Kontakte reduziert werden sollen. Thomas F. sieht die Wirkung einer Ausgangssperre als zu unsicher an. Wenig sinnvoll sei sie zudem, wenn gleichzeitig Schulen, Bahnen und Büros gut besucht seien.
Anders sehen das Ganze zwei 18-Jährige, die in der Nähe des KITs auf einer Bank sitzen. Ruben Nebel sagt: „Ich finde eine Ausgangssperre gut. Viele Freunde von mir gehen immer wieder auf Partys im privaten Raum oder auch draußen. Sie haben zwar auch schon Strafen von der Polizei bekommen, aber das ändert nichts. Mit einer Ausgangssperre könnten diese Kontakte viel besser unterbunden werden. Es soll sich mal etwas bessern bei den Infektionszahlen und auch beim Lockdown.“Auch Freundin Soraya U. bekennt, dass sie bereit wäre, weitere persönliche Einschränkungen hinzunehmen.