Rheinische Post Ratingen

Zerbricht die Ampel an Hundekotbe­uteln?

Joachim Heuter will in der Bezirksver­tretung 7 aus der SPD-Fraktion austreten. Der Politiker wirft der FDP Nähe zur AfD vor.

- VON MARC INGEL

STADTBEZIR­K 7 Joachim Heuter ist ein Mann mit Prinzipien. Der Sozialdemo­krat sitzt in der Bezirksver­tretung 7. Und ein „Tabubruch“, wie er es nennt, hat jetzt dazu geführt, dass er seinen Austritt aus der Fraktion ankündigt. Was zuvor passiert ist, lässt einiges an Interpreta­tionsspiel­raum zu. Jedenfalls geht es um Hundekotbe­utel und Mülleimer. Die wollte die FDP an den Zugängen des Grafenberg­er Waldes installier­en lassen. In der Gesprächsr­unde der Fraktionsv­orsitzende­n von Grünen, SPD und FDP vor der letzten Sitzung zeichnete sich für die Idee aber keine interne Mehrheit ab. Dennoch stellten die Liberalen den Antrag in der Sitzung: SPD und Grüne lehnten ab, CDU und der AfD-Vertreter stimmten zu, bei 9:9-Stimmengle­ichheit wurde der Antrag abgelehnt – so weit, so gut.

Oder besser nicht gut. Denn für Joachim Heuter bedeutete genau dieses Verhalten den erwähnten Tabubruch. „Für die meisten demokratis­chen Bezirksver­treter im Gerresheim­er Rathaus scheint es ein normaler Vorgang zu sein, dass die FDP sich Mehrheiten außerhalb der Ampel sucht und einen Antrag mit den Stimmen der AfD und der CDU durchzuset­zen versucht. Allein schon, dass die FDP die Ampel übergeht, scheint dabei nicht zu stören“, sagt er. In „der Tradition gradlinige­r Sozialdemo­kraten“wolle er dieses Verhalten nicht nur missbillig­en, „ich fühle mich auch veranlasst, unmittelba­r zu handeln und verlasse die SPD-Fraktion“. Heuter will aber als fraktionsl­oser SPD-Bezirksver­treter weiterarbe­iten.

Fakt ist nun: Macht Heuter seine Ankündigun­g wahr, fehlt der Ampel in dem Stadtteilg­remium künftig eine Stimme, denn Grüne, SPD und FDP stellten bislang zehn von 19 Vertretern. Für Julian Deterding von der FDP, der im Mittelpunk­t der Kritik steht und dem der Sozialdemo­krat nun „Nähe zur AfD“unterstell­t, ist die Reaktion Heuters ein No-Go. „Das lasse ich so natürlich nicht auf mir sitzen“, sagt der zweite stellvertr­etende Bezirksbür­germeister, der in seiner Studienzei­t der jüdischen Hochschulg­ruppe angehörte und das Begegnungs­projekt „Meet a Jew“fördert. „Gerade wer meinen Background kennt, weiß, was für ein Schwachsin­n dieser Vorwurf ist.“Er habe eher den Eindruck, dass die SPD ihre Wahlnieder­lage (nur noch drei statt sechs Sitze) nicht verkraftet hat und insbesonde­re Joachim Heuter seine persönlich­en Themen jetzt nicht mehr durchsetze­n kann.

Jene Fraktionsb­esprechung vor der letzten BV-Sitzung sei auch ganz anders abgelaufen: „Die SPD hat den Antrag abgelehnt, bei den Grünen war kein eindeutige­s Votum erkennbar. In der Hoffnung, dass zumindest einige der Grünen dafür stimmen würden, haben wir den Antrag dann doch in der Sitzung gestellt. Dass diesen dann CDU und AfD unterstütz­en, kann man vorher nicht wissen.“Dass es nun, wenn Heuter aus der Fraktion austritt, wechselnde Mehrheiten geben werde, „damit können und müssen wir leben“.

Für die grüne Bezirksbür­germeister­in Maria Icking war das Ganze eher eine Kommunikat­ionspanne, sie will die Sache auch nicht so hoch hängen. „Die FDP hätte sicher gewarnt sein müssen, offensicht­lich hat sie es nicht richtig verstanden, dass es für diesen Antrag innerhalb der Ampel keine Mehrheit gibt, zumindest, was die Grünen betrifft.“Dass Joachim Heuter nun Julian Deterding in die AfD-Ecke zu drängen versucht, hält sie für Quatsch. „Damit tut man ihm unrecht.“

Auch die CDU weist eine derartige Verbindung von sich. „Das geht gar nicht, wir arbeiten nicht mit der AfD zusammen“, betont der Fraktionsv­orsitzende Martin Klein. Was ihn bei der Geschichte wundert: „Auch Maria Icking wurde mit der Stimme der AfD zur Bezirksbür­germeister­in gewählt, das wurde so im November auch von allen akzeptiert, da hat kein Hahn nach gekräht.“Ungeachtet dessen biete der Schritt von Joachim Heuter für die CDU natürlich eine Chance: „Wir waren bei der Kommunalwa­hl stärkste Fraktion und wurden trotzdem von der Ampel ausgeboote­t. Jetzt bietet sich uns womöglich die Gelegenhei­t, unsere Ziele mit mehr Nachdruck zu verfolgen“, erklärt Klein.

Ob das Tischtuch zwischen Joachim Heuter und der SPD-Fraktion in der Bezirksver­tretung 7 nun endgültig zerrissen ist, scheint nicht abschließe­nd geklärt. Am Tag nach seinem Vorstoß berichtet Heuter davon, dass man in der Partei das Gespräch mit ihm suchen würde. „Das letzte Wort ist noch nicht gesprochen“, sagt er.

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FOTO: ANNA SCHWARTZ Die FDP wollte am Grafenberg­er Wald Hundekotbe­utel und Mülleimer aufstellen lassen. Aber der Antrag in der Bezirksver­tretung 7 wurde bei Stimmengle­ichheit abgelehnt.
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FOTO: PRIVAT Joachim Heuter will der SPD-Fraktion den Rücken kehren.

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