Ratinger wollen Ausländeramt zurück
Schlechte Erreichbarkeit, Bearbeitungsstau – die Leiterin des Ausländeramtes steckte in der Sitzung des Integrationsrats ordentlich Kritik ein.
RATINGEN „Wegen der Corona-Pandemie sind Vorsprachen im Ausländeramt zurzeit nicht möglich.“So steht es auf der Internetseite des Kreises Mettmann. Das Amt bemühe sich um schnellstmöglich Bearbeitung aller Anliegen und bitte, von Nachfragen abzusehen so heißt es weiter. Der Ratinger Integrationsrat kritisiert allerdings: Die schlechte Erreichbarkeit des Ausländeramtes beim Kreis Mettmann sei nicht erst durch Corona entstanden. Die Pandemie hat es verschärft.
Die Entscheidung, das Ausländeramt von Ratingen nach Mettmann zu verlegen, stieß bereits im Jahr 2008 auf heftige Kritik in der Dumeklemmerstadt. Rund 70 Demonstranten begleiteten die damalige Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses. „Für zehn Minuten in Mettmann fahren wir zwei Stunden im Bus“, war auf den Transparenten zu lesen. Die Fraktionen von SPD, FDP, Grüne und Linke stimmten gegen eine Verlagerung. „Dieser Beschluss ist bürgerfeindlich und ein Schlag ins Gesicht der Menschen“, gab der SPD-Fraktionsvorsitzende Christian Wiglow zu bedenken. Es komme zum Serviceabbau zulasten der Betroffenen, fürchtete er. Dies bewahrheitet sich jetzt.
Einen Teil der Aufgaben übernimmt das Kreis-Service-Center an der Minoritenstraße. Verschiedene Anträge werden ausschließlich in Mettmann bearbeitet. Beide Stellen sind seit Ausbruch der Corona-Pandemie geschlossen. Lange Wege und eine schlechte Erreichbarkeit sorgten schon mehrfach für die Forderung: Das Ausländeramt muss zurück nach Ratingen. Google-Benotungen des Kreis-Service-Centers sprechen Bände. Unfreundlich und am Telefon kaum zu erreichen, heißt es da.
Das bestätigt auch die Liste Weltoffene Integration in Ratingen. „Seit einigen Tagen bekommen wir verstärkt Anrufe von Mitbürgern, die verzweifelt sind und nicht weiter wissen.“Telefonisch und per Mail sei weder im Kreis-Service-Center, noch im Ausländeramt Mettmann jemand zu erreichen. Das verursacht Probleme.
Bürger, bei denen der Aufenthaltstitel abläuft, oder die ein Visum beantragen müssen, tun sich schwer damit, Online-Anträge auszufüllen. Oftmals gibt es Fragen zu den Formularen, die niemand beantwortet. Nach einem erfolgreich gestellten Antrag gäbe es aus dem Amt zum Teil monatelang keine Informationen. In einem genannten Fall wartet der Antragsteller seit September 2020 auf Antwort. Dass oftmals Fristen ablaufen und verstreichen, beunruhigt die Antragsteller.
Das Amt gibt auf der Internetseite zwar an, man solle sich keine Sorgen machen, Bescheinigungen würden per Post zugestellt – die Betroffenen fühlen sich dadurch jedoch eingeschränkt. Diese Situation sei durch die Pandemie noch verschärft worden.
Die Betroffenen haben wenig Hoffnung, dass der Bearbeitungsstau zum Ende der Pandemie abgebaut sein wird und fürchten, dass viele nicht in ihre Heimatländer reisen können, weil notwendige Papiere fehlen. Hilfesuchend wandte sich die Liste an den Integrationsrat.
Ebenso die Liste Internationale Solidarität. Auch hier ärgert man sich über die schlechte Erreichbarkeit des Ausländeramtes. Die Liste Internationale Solidarität, Sherin Mustafa und die Liste Weltoffene Integration stellten in der Sitzung des Integrationsrates den Antrag, die Stadt Ratingen möge wieder ein eigenständiges Ausländeramt einrichten.
Dass Désirée Geisler, Leiterin des Ausländeramtes beim Kreis Mettmann, den Anwesenden versucht, die Situation zu erklären, ist eher Wasser auf die Mühle der Antragsteller. „Das Kreis-Service-Center wurde im Frühjahr 2020 coronabedingt geschlossen“, gibt Geisler zu. Das Einbahnstraßensystem im Rathaus lasse keine Öffnung zu. Auch in Mettmann sei nur begrenzter Publikumsverkehr möglich.
Geisler teilt den Anwesenden mit:
„Obwohl es keine bundeseinheitliche Regelung gibt, bescheinigen wir im Kreis Mettmann, dass der Aufenthaltstitel weiter gilt.“Probleme gebe es jedoch beim elektronischen Aufenthaltstitel (eAT). Bei den Kunststoffkarten im Scheckkartenformat gebe es Lieferschwierigkeiten. Notfalltermine, zum Beispiel für die Ausstellung von Pässen, beim Verlust des Arbeitsplatzes oder zur Aufnahme einer Tätigkeit sowie bei der Erstellung von Ersatzpapieren wären in Mettmann möglich.
Dennoch musste Geisler einräumen, dass sich ein erheblicher Bearbeitungsrückstau gebildet hat. In rund 3000 Fällen sei ein persönlicher Termin zwingend erforderlich. „Wir sind auf der Suche nach Möglichkeiten, die Termine auszuweiten“, so Geisler. Termine würden zunächst denjenigen angeboten, die schon lange auf eine Erledigung ihrer Angelegenheiten warten.
Überhaupt kein Verständnis hatten die Teilnehmer der Online-Sitzung dafür, dass es für das Kreis-Service-Center offenbar kein Personal gibt. „Zwei Mitarbeiter haben sich auf andere Stellen beworben, zwei weitere dürfen aufgrund der Pandemie-Situation nicht eingesetzt werden“, erklärt Geisler. Damit ist die Nebenstelle des Ausländeramtes komplett verwaist. Für die Ratinger ein inakzeptabler Zustand. Der Antrag, das Ausländeramt wieder nach Ratingen zu holen, wurde mehrheitlich angenommen.