Kritik an Lockerungen für Geimpfte
Nordrhein-Westfalen erlaubt bei voller Immunisierung etwa Friseurbesuche ohne Test.
DÜSSELDORF (dpa/epd) SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach kritisiert die von der nordrhein-westfälischen Landesregierung beschlossenen schnellen Corona-Erleichterungen für Geimpfte. Die Landesregierung versuche, sich „im Alleingang zu profilieren“, sagte er dem WDR. „Das ist zermürbend – die Menschen wollen einheitliche Regeln.“Bundesweit werde in dieser Woche diskutiert, von welchen Corona-Beschränkungen vollständig Geimpfte und von einer Infektion Genesene ausgenommen werden könnten. Darauf hätte die Landesregierung in Düsseldorf warten sollen, argumentierte Lauterbach. „Ich verstehe nicht, warum so knapp, bevor wir das tun, erneut eine Einzellösung probiert wird.“
In Nordrhein-Westfalen gelten von diesem Montag an wie in vielen anderen Bundesländern erste Erleichterungen für vollständig gegen das Coronavirus geimpfte Menschen. Wer seit 14 Tagen vollständig geimpft ist oder vor mehr als 28 Tagen bereits mit dem Virus infiziert war, muss dann im Einzelhandel oder beim Friseur keinen negativen Schnelltest mehr vorweisen. Ähnlich gehen inzwischen Hessen, Bayern, Berlin, Baden-Württemberg und das Saarland vor.
Auch die Bundesregierung hat Regelungen für vollständig Geimpfte in Aussicht gestellt – der späteste Termin für eine Entscheidung des Bundesrats sei der 28. Mai, hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) gesagt. Justizministerin
Christine Lambrecht (SPD) strebt zusätzlich zu Erleichterungen beim Einkauf oder Friseurbesuch an, für Geimpfte auch keine Ausgangs- und Kontaktbeschränkungen mehr zu verhängen. Dies ist allerdings umstritten, weil ein Großteil der Bevölkerung noch keine Möglichkeit hatte, sich impfen zu lassen.
Grundsätzliche Unterstützung für die Lockerungen kam derweil von dem Gießener Verfassungsrechtler Steffen Augsberg. Er forderte eine umfassende Aufhebung der Freiheitsbeschränkungen für Geimpfte und Genesene. „Verfassungsrechtlich ist klar: Wir dürfen Freiheiten nicht grundlos einschränken“, sagte Augsberg, der auch Mitglied im Deutschen Ethikrat ist.