Corona macht es Sportvereinen schwer
Die Organisation von Vereinssport ist für die Vorsitzenden ein Kraftakt. Durch die immer wieder veränderten Regeln ist kaum noch ein Training möglich. Viele weichen auf Online-Kurse aus, wie das Mörsenbroicher Dojo Yamato.
MÖRSENBROICH/FLEHE Für die Nachbarn von Horst Dröge dürfte der Anblick mittlerweile schon vertraut sein. Denn wenn der Karate-Trainer in seinem schneeweißen Anzug auf dem Balkon mit ein paar Stretchübungen beginnt, dann leitet er höchstwahrscheinlich gerade eine seiner Online-Trainingsstunden ein. Zwar könne er die Tritte und Schläge mit den jüngsten Mitgliedern unter 14 Jahren des Mörsenbroicher Vereins Dojo Yamato auch in Präsenz üben. „Aber das ist nach den neuesten Regelungen nur noch auf offiziellen Sportplätzen und nicht mehr beispielsweise im Nordpark möglich“, sagt Sven Wätzold-Kurihara, zweiter Vorsitzender des Vereins. „Dafür müssten wir also einen Platz beim Stadtsportbund buchen. Und im Karate-Anzug will man sich nicht wirklich auf einen Fußballplatz stellen.“
Wie so viele Sportlerinnen und Sportler müssen auch die knapp 60 Mitglieder des Karate-Dojos nach wie vor auf die gewohnte Ausübung ihrer Leidenschaft verzichten. Zwar wird das Online-Training inzwischen routiniert umgesetzt. „Das echte Training fehlt natürlich sehr. Trotzdem kann man sich verbessern, und sogar Gürtelprüfungen sind eingeschränkt möglich“, sagt Dean Gröning. Karate ist zwar ein Kampfsport; die richtige Ausübung der Tritte könne aber auch kontaktlos eingeübt werden. „Ob der Platz in der Wohnung reicht oder wie der Winkel der Kamera eingestellt ist, wird dann eher problematisch für mich. Einmal eingeübte Fehlstellungen sind später schwer wieder zu korrigieren“, sagt Trainer Dröge. Jedoch eröffne das Distanztraining auch neue Möglichkeiten – so kamen die vom Karate-Dachverband organisierten Kurse mit live zugeschalteten Profi-Trainern aus Japan bei den Vereinsmitgliedern sehr gut an.
Solche Möglichkeiten bieten sich im Fußball, Basketball, Volleyball oder Leichtathletik kaum. „Ein richtiges Training ist es nicht mehr. Es ist eher als Sport unter freiem Himmel zu bezeichnen“, sagt Anke Teraa. Durch das neue Infektionsschutzgesetz ruhen größtenteils nun auch die Trainings, die vorher im Erwachsenenbereich noch zu zweit stattfinden konnten. Die Geschäftsführerin der DJK Tusa 06 ist seither im Dauereinsatz, um das reduzierte Sportangebot wenigstens für die Kleinsten der 1600 Mitglieder aufrechtzuerhalten.
Im Gegensatz zu vielen kleineren Vereinen, die sich das nicht leisten können, ist Teraa hauptamtlich angestellt und kann sich umfänglich mit den Bestimmungen auseinandersetzen. „Für jeden Ehrenamtler ist das ein wahnsinniger Zeitaufwand, sich durch die ständig ändernden Paragraphen zu kämpfen“, sagt sie. „Bis vor ein paar Wochen durften wir mit 20 Kindern trainieren, dann nur noch mit zehn und jetzt mit fünf in kontaktloser Form. Dazu müssen die Trainer einen tagesaktuellen, zertifizierten Schnelltest vorlegen.“
Ohne die Bereitschaft der Unterbilker Storchen-Apotheke, die sowohl großzügige Testzeiten anbietet als auch die Kosten übernimmt, hätte der Verein den Betrieb wohl erstmal ganz einstellen müssen. „Über die Sinnhaftigkeit mancher Regeln könnte man bei allem Verständnis wochenlang diskutieren. Wir versuchen alles, damit die Kinder ihre sozialen Kontakte und ihren Sport ausleben können“, sagt sie. Dabei sei die Situation in allen Sportarten, die der Verein anbietet, gleich.
Den Schwund von fast 7000 Mitgliedern, den der Stadtsportbund im April veröffentlichte, merkt Teraa bei der DJK Tusa noch nicht. „Die Vereinstreue ist hoch. Was fehlt, sind die Neuanmeldungen, die die Abmeldungen normalerweise ausgleichen.“Kinder nach der Pandemie wieder für den Sport zu begeistern – sicherlich eine der größten Herausforderungen für die Sportvereine.