Streit um das Versammlungsrecht
Der Gesetzentwurf muss laut Gutachtern und Grünen nachgebessert werden.
DÜSSELDORF Der Entwurf der CDU-FDP-Landesregierung für ein neues Versammlungsgesetz stößt in Teilen auf verfassungsrechtliche Bedenken. Problematisch ist aus Sicht von Rechtswissenschaftlern die Regelung zur Anfertigung von Übersichtsaufnahmen durch die Polizei, wenn eine Demonstration nicht gut zu überblicken ist.
Angesichts des Stands der Technik seien Übersichtsaufnahmen nicht mit der bloßen Beobachtung durch Polizeibeamte vergleichbar, schreibt der Kölner Rechtswissenschaftler Christian von Coelln in seinem Gutachten für den Innenausschuss, der am Donnerstag über den Gesetzentwurf berät. Möglicherweise verstoße dies gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.
Insgesamt seien die vorgeschlagenen Regelungen jedoch sinnvoll, lautet sein Fazit.
Seit der Föderalismusreform von 2006 können die Bundesländer eigene Versammlungsgesetze erlassen. Nicht einmal die Hälfte machte bisher davon Gebrauch. Die oppositionelle SPD-Fraktion legte ebenfalls einen Gesetzentwurf vor, mit dem sich die Sachverständigen auseinandersetzen.
Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hält in dem Regierungsentwurf insbesondere die Anmeldefrist für eine Demo von 48 Stunden plus Wochenenden und Feiertage für zu lang: Im Zuge von Arbeitskämpfen könne es notwendig sein, schnell zu reagieren. Zu weit gefasst sei die Regelung des Störungsverbots: Konträre Meinungsäußerungen und friedlicher Gegenprotest, der kommunikativen Zwecken diene, müssten auch weiterhin möglich bleiben, sie trügen zur politischen Willensbildung bei.
Unterstützt wird der DGB in diesem Punkt auch von der Grünen-Fraktion. „Es ist sehr wichtig, dass Gegendemonstrationen geschützt bleiben“, betonte Grünen-Co-Fraktionschefin Verena Schäffer. Eine Klarstellung erwartet sie auch beim Militanzverbot, das das Tragen von uniformähnlicher Kleidung untersagt. Es dürfe nicht sein, dass darunter auch Arbeitskleidung oder Fanabzeichen fielen, so Schäffer. Im Gesetzestext würden die weißen Overalls, die bei den „Hambi“-Protesten getragen wurden, mit SA- und SS-Uniformen gleichgesetzt. „Das ist ein unzulässiger Vergleich und atmet den Geist der Repression“, sagte Schäffer.