Eine neue Art der Streitkultur
Der Bundestagswahlkampf geschieht in einem Umfeld, in dem alle Branchen erschöpft sind. Nicht nur durch die epischen Auswirkungen von Pandemien und der Klimaveränderung, sondern auch durch eine Art „Dauerzweikampf“. Reich gegen Arm. Jung gegen Alt. Wohlstand gegen Klima. Stadt gegen Land. Bezahlbarer Wohnraum gegen Zersiedelung und städtebaulichen Anspruch. Schnelle Genehmigungsverfahren gegen rechtskonforme Prüfverfahren. Die Liste scheint unendlich. Was in den Wahlprogrammen fehlt, ist ein Vorschlag zu dem, was unsere Gesellschaft ausmacht. Ein Vorschlag zu einer neuen Art der Streitkultur. Raus aus dem polarisierenden Dauerzweikampf und rein in einen neuen Argumentationsaustausch. Vielleicht ist es an der Zeit, neue Wege der Kommunikation zu finden, die der Komplexität der Aufgabenstellung gerecht werden. Etwas, das das Gegenüber reizt, die Argumente nicht nur zu hören, sondern auch zu mögen. Mit Lust auf die Einwände des Gegenübers. Vielleicht sogar nach einem neuen argumentativen Regelwerk. Wie schön wäre es doch, wenn sich alle Beteiligten an erprobte Argumentationsketten ohne Klassenoder Hierarchiekampf gewöhnen würden. Man startet mit den Chancen für beide Seiten, diskutiert die Risiken, betrachtet Alternativen, reflektiert diese Erkenntnisse mit gemachten Erfahrungen, denkt über die Wirkung auf weitere Beteiligte nach und schließt mit dem wohl Wichtigsten: der gegenseitigen Wertschätzung. Ein Versuch wäre es wert, oder nicht?
Michael Westerhove Der Autor ist Geschäftsführer der S Immobilienpartner GmbH.