Rheinische Post Ratingen

Lolli-Tests verärgern immer mehr Eltern

Eine steigende Zahl von Schülern sitzt tagelang zu Hause. Warum die Familien Reformen fordern.

- VON JÖRG JANSSEN

DÜSSELDORF Der Ärger um die LolliTests in Grundschul­en zieht in Düsseldorf immer weitere Kreise. Nach zwei Schulen in Benrath und Pempelfort sorgt das als komplizier­t und langwierig empfundene Verfahren nun auch in Golzheim und in Oberbilk für Verunsiche­rung und Wut bei den Eltern. „Ich lasse Jussuf wegen der vielen Corona-Einschränk­ungen die erste Klasse wiederhole­n, er hat sich unheimlich auf seine neuen Mitschüler gefreut. Jetzt sitzt er seit Tagen zu Hause und weint, weil er nicht in die Schule darf“, sagt Monika Celik.

Der Siebenjähr­ige aus Oberbilk geht in die 1a der katholisch­en Grundschul­e Höhenstraß­e. Seit Dienstag ist die ganze Klasse zu Hause. Grund ist der PCR-basierte Pool-Test, bei dem die Schüler an einem Stäbchen lutschen. Sämtliche Proben kommen in einen Sammelbehä­lter. Sie können dann nicht mehr einzelnen Kindern zugeordnet werden. Meldet das Labor einen Positivbef­und, müssen alle Schüler erst einmal zu Hause bleiben.

„Dann startet am nächsten Morgen die zweite Runde, bei der Eltern ihr Kind in eigener Regie nachtesten, doch der Rücklauf dieser Proben kann dauern“, sagt Schulleite­rin Anke Bücker. Bis Freitagmor­gen lagen erst 16 von 26 Ergebnisse­n vor. „Und die waren alle negativ, wir wussten also immer noch nicht, welches Kind infiziert ist“, sagt die Pädagogin, die den kleckerwei­sen Rücklauf bemängelt. Offenbar seien die Labore überlastet, meint sie.

Frust gibt es auch bei Eltern von Kindern, die die Rolandschu­le in Golzheim besuchen. Auch dort war ein Pool-Test vor einer Woche positiv ausgefalle­n, die am Tag darauf abgegebene­n Einzeltest­s waren aber alle negativ, ebenso eine weitere individuel­le Testrunde. „Aber dies genügt nicht, jetzt muss jedes Kind einen PCR-Test beim Arzt oder dem städtische­n Testzentru­m abgegeben. Das wäre dann der dritte Test nach positiver Pooltestun­g“, sagt Katharina F., deren Sohn in die zweite Klasse geht.

Ihre Kritik am Prozedere: Eine Woche nach dem ersten Pool-Test sei eine verlässlic­he Zuordnung oder Nachverfol­gung des ursprüngli­chen Falls gar nicht mehr möglich. Schließlic­h lebten die Kinder in Familien und hätten Geschwiste­r. „Die Ansteckung kann ja auch ein ganz neuer Fall sein“, sagt die Golzheimer­in. Dass ihr Kind nun weiter zu Hause bleiben muss, sei „eine Zumutung“. Nötig sei eine komplette Neu-Justierung des Verfahrens. „Vorschläge liegen ja bereits auf dem Tisch“, sagt die Mutter. Tatsächlic­h hatte – neben einigen Düsseldorf­er Eltern – auch Schuldezer­nent Burkhard Hintzsche das Land aufgeforde­rt, gleich beim ersten Test zwei Proben abzunehmen. Schlage der

Pool positiv an, läge der individuel­le Nachtest bereits im Labor vor.

Monika Pohl, Leiterin der Rolandschu­le, hat viel Verständni­s für den Ärger der Eltern. „Bis der Indexfall tatsächlic­h ermittelt ist, können sehr viele Tage ins Land gehen.“Zurzeit sind bei ihr zwei Klassen von einem Corona-Verdacht betroffen. „Um immer auf dem neuesten Stand zu sein und keine wichtige SMS oder Mail zu verpassen, führe ich manchmal abends um 23 Uhr mein letztes und am kommenden Morgen um halb sechs schon wieder mein erstes Telefonat“, sagt die Lehrerin. Auch am Wochenende war sie in Bereitscha­ft. Dabei hält Pohl die Lolli-Tests grundsätzl­ich für geeignet. „Sie sind für Grundschül­er deutlich einfacher zu handhaben als die Selbsttest­s, sie kosten weniger Zeit und sie sind als PCR-Tests sicherer im Ergebnis.“

Anke Bücker hofft nun auf eine rasche Reform des Test-Verfahrens. „Wir müssen schneller zu endgültige­n Ergebnisse­n kommen. Die Familien wollen schließlic­h wissen, welche Kinder einer Klasse vom Gesundheit­samt in die Quarantäne geschickt werden.“Und Katharina F. ergänzt: „Falls es zur Quarantäne kommt, müssen unsere Kinder die gleichen Rechte wie die Reiserückk­ehrer erhalten und sich am fünften Tag freitesten dürfen. Es geht nicht mehr, dass immer wieder Kinder die größten Opfer bringen müssen.“

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FOTO: BRETZ Auch Sandra Rzewnicki (hier mit Sohn Paul beim Homeschool­ing in der letzten Woche) gehört zu den Eltern, die eine Reform der Lolli-Tests fordern.

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