Die Rückkehr in die Dünen
Das Comeback der Formel 1 im niederländischen Zandvoort elektrisiert nicht nur die Fans von Lokalmatador Max Verstappen. Im Ort wehen Tausende Oranje-Fahnen, doch es gibt auch Kritik am Rennen durchs Naturschutzgebiet.
ZANDVOORT (dpa) Aus den Steilkurven an der Nordsee ins orangene Jubelmeer: So stellt sich Max Verstappen seinen Weg zurück an die Formel-1-Spitze in den Dünen von Zandvoort vor. Nach 36 Jahren Pause fährt die Rennserie vor allem dank des Hypes um den RedBull-Star wieder in den Niederlanden. „Damit hätte ich selbst vor ein paar Jahren nicht gerechnet“, sagte Verstappen vor seinem sehnsüchtig erwarteten Heimspiel. Bei nur drei Punkten Rückstand auf seinen Mercedes-Rivalen Lewis Hamilton ist die WM-Führung für den 23-Jährigen greifbar, das heizt die Stimmung zusätzlich an.
Für das Comeback in der Formel 1 dehnt die niederländische Regierung sogar die Corona-Regeln und erlaubt von Freitag bis Sonntag jeweils bis zu 70.000 Zuschauer an der Strecke. Die Genehmigung für diese Zwei-Drittel-Auslastung für Geimpfte, Genesene und Getestete sorgte für heftige Debatten, weil zugleich im Land Festivals und andere Großereignisse verboten bleiben. Die Millionen-Investitionen in die Modernisierung von Zandvoort und der Druck der Verstappen-Fans aber wirkten offenbar als schlagkräftige Argumente.
Der Lokalheld dankte artig. „Nachdem das Rennen im Vorjahr gestrichen wurde, wird es dieses Jahr noch besonderer sein“, beteuerte Verstappen und malte sich einen „Heimsieg vor den Augen der Oranje-Armee“aus. Fanflaggen schmücken bereits viele Häuser in der 17.000-Einwohner-Gemeinde. In so manchem Schaufenster wird mit dem Grand Prix geworben. Auch der Bürgermeister ließ sich mit einem Modell von Verstappens Rennwagen ablichten.
In Zandvoorts geschützter Dünenlandschaft
aber kommt die Formel 1 bei ihrer Rückkehr nicht an der Debatte um Umweltschutz und Klimawandel vorbei. Kreuzkröten und Sandeidechsen leben in den Dünen. Nur mithilfe der Gerichte darf der Grand Prix in Zandvoort am Wochenende gefahren werden, nachdem Klagen wegen der Eingriffe in die Natur und der erhöhten Schadstoff-Belastung abgewiesen wurden. Die Aktivisten von „Extinction Rebellion“haben für Sonntag zu einem Fahrrad-Protest gegen das Gastspiel der Rennserie aufgerufen. Teilnehmer sollen sich als einheimisches Dünentier kostümieren, durch deren Lebensraum die 1948 erbaute Rennstrecke führt, und zu dem Rennen kommen.
Die Organisatoren bitten angesichts der Kritik und des zu erwartenden Verkehrschaos eindringlich, dass möglichst viele mit Fahrrädern und öffentlichen Verkehrsmitteln den Weg zur Strecke antreten. Auch Streckenchef Jan Lammers mühte sich, die Begeisterung für „Mad Max“in geordnete Bahnen zu lenken. „Der Sport muss sich verbrüdern, und wir dürfen nicht in Hooligan-Situationen kommen wie im Fußball“, mahnte Lammers vor allem mit Blick auf die jüngste Eskalation im Titelrennen zwischen Verstappen und Hamilton.
Spätestens nach dem Crash der beiden in Silverstone, als Verstappen
ins Krankenhaus musste und Hamilton noch gewann, fürchtet so mancher wütende Fan-Attacken in Zandvoort gegen den britischen Titelverteidiger. „Natürlich hat jeder seine Präferenzen, aber lasst es uns auf zivilisierte Weise machen, indem wir Hamilton mit unserem Sportsgeist und Gastfreundlichkeit überraschen“, bat Lammers.
Spektakulär könnte es vor allem in den beiden Steilkurven Hugenholtz und Arie Luyendijk zugehen, die untypisch für die Motorsport-Königsklasse sind. Der Kurs ist nur 4,259 Kilometer lang und auch wegen des oft herüberwehenden Küstensands eine echte Prüfung für die Fahrkünste der Piloten.