Mein Homeoffice
nun besser oder schlechter, zu Hause zu arbeiten?
„Das hat zwei Seiten“, sagt er. So genieße er es, näher an der Familie zu sein und auch Sport besser in seinen Alltag integrieren zu können. Als Führungskraft sei es jedoch jetzt deutlich schwerer mitzubekommen, wie es dem Team geht. Früher sei das wie nebenbei gelaufen, jetzt müsse er zeitaufwendige Einzelgespräche terminieren, um sich ein Bild machen zu können. „Aber ich bin optimistisch, dass sich ein neuer Rhythmus mit meinem Team findet.“Er freue sich auch auf die Veränderungen seiner Führungsrolle und ein neues Teamwork.
Jeannine Burch Homeoffice ist für die Oberkasslerin nichts Neues. Schon seit Jahren erledigt die Kunstberaterin (Tiger & Burch) die Büroarbeit zu Hause. Dort erstellt sie Konzepte für Unternehmen und Privatleute, die mit Kunst ihre Räume verschönern wollen. Sie empfiehlt konkrete Werke wie Gemälde und Skulpturen und simuliert am Computer,
wie die Bilder in den jeweiligen Räumen platziert werden sollen. Burch sagt es gleich zu Beginn des Gesprächs voller Überzeugung: „Ich liebe das Homeoffice. Ich kann mir meine Arbeitsatmosphäre selbst gestalten, um produktiver zu sein.“So hat sie sich neulich zum Beispiel ihr Lieblingsbild des Künstlers und früheren Akademieabsolventen Dominik Halmer direkt in Blickrichtung gehängt, wenn sie am Esstisch sitzt. „Ich mag es aber auch, die Plätze wechseln zu können. So habe sie ein kleines Büro eingerichtet, mit vielen Kunstbüchern und -katalogen zur Recherche. Bei gutem Wetter nehme sie aber auch gerne auf dem Balkon ihrer Wohnung Platz.
Vor allem die Nähe zu ihrem 17 Jahre alten Sohn schätze sie sehr. „Wir haben mittlerweile das Ritual, dass wir zusammen Mittagspause machen.“Sie seien dadurch „zu richtigen Hobbyköchen“geworden.
Aber das Verhältnis habe sich in Bezug auf die Arbeit auch einspielen müssen. „Wir haben viele Gespräche geführt.“Früher sei schon mal mitten im Telefonat plötzlich die Musik laut geworden. „Das passiert heute nicht mehr.“Und bis heute wird abgesprochen, ob jemand zu Besuch kommen kann oder es ein zu wichtiger Arbeitstag zu Hause für Jeannine Burch ist.
Özgür Günes Homeoffice heißt für Özgür Günes oft, von drei Kindern umgeben zu sein, im Alter von drei, neun und elf. „Das ist schon eine besondere Herausforderung“, sagt der ehemalige Geschäftsführer der Stockheim-Gruppe und heute selbstständige Unternehmensberater (Deutsches Beratungs- und Digitalisierungsbüro). Vor allem einem Dreijährigen könne man eben nicht erklären, dass man gerade arbeiten müsse, obwohl man da ist. „Wenn ich zu Hause bin, werde ich auch in Anspruch genommen“, sagt Günes mit einem Lachen. Auch wenn das Verständnis für das Reinplatzen von Kindern in berufliche Situationen im Zuge der Pandemie und von mehr Homeoffice sicher gewachsen sei, „ich kann das nicht von jedem Gesprächspartner erwarten“, sagt Günes. Auch er selbst sei dann einfach abgelenkt. Deshalb zog Günes jetzt die Konsequenz, und mietet sich je nach Bedarf immer wieder mal ins B&B Hotel an der Toulouser Allee ein. Laptop und Smartphone nimmt er dann mit, das reicht.
Sein gemietetes Büro am Heerdter Lohweg nutze er zurzeit aufgrund der Pandemie wenig, da er dort mit einem anderen Unternehmen zusammensitzt, in dem der Betrieb jetzt wieder zunehme, und Günes Kontakte noch lieber vermeiden wolle.
Zu Hause sitze er auch mal am Schreibtisch im Zimmer seines großen Sohnes. „Ich habe gelernt, da zu arbeiten, wo es gerade möglich ist.“Ein Hauptteil seiner Arbeit besteht zudem aus dem Unterwegssein und Netzwerken, was durch Corona einfach weniger möglich war.
Leseraufruf