Hilfe gegen das Hämmern im Kopf
In einer Kopfschmerzgruppe im St.-Vinzenz-Krankenhaus lernen Betroffene, mit ihren Schmerzen besser umzugehen. Entspannungs- und Bewegungstherapien sollen dabei helfen, wieder mehr Lebensqualität zu haben.
PEMPELFORT Lilie Basel leidet seit ihrem 20. Lebensjahr unter Spannungskopfschmerzen, mal treten sie im vorderen, mal im hinteren Bereich des Kopfs auf – jeden Tag. Lange Zeit konnte sie diesen „leichten chronischen Schmerz“, wie sie selbst sagt, ganz gut aushalten. „Vor etwa zwei Jahren wurde der tägliche Schmerz dann allerdings intensiver, Sehstörungen kamen hinzu, Medikamente haben kaum geholfen“, sagt sie. Sie habe sich damals gerade selbstständig gemacht und viel Stress gehabt, so die 35-Jährige.
Als die dann folgenden Untersuchungen – es wurde ein MRT ihres Kopfes durchgeführt, sie war beim Zahnarzt und beim Orthopäden – kein Ergebnis brachten, hörte sie über ihre Hausärztin vom St.Vinzenz-Krankenhaus. „Ich habe recherchiert, bin auf das Zentrum für Schmerzmedizin gestoßen und konnte mich schon über die Internetseite sehr gut informieren“, erzählt Basel – im Mai dieses Jahres wurde sie dann in eine Kopfschmerzgruppe der dortigen Tagesklinik aufgenommen.
Dabei handelt es sich um eine teilstationäre Kopfschmerztherapie. Es gibt zwei Gruppen mit jeweils bis zu acht Patienten, die die Therapie gemeinsam beginnen und beenden. Sie werden vier Wochen lang tagsüber therapeutisch betreut und verbringen die Nächte und Wochenenden zu Hause. „Bevor wir Patienten in die Kopfschmerzgruppe aufnehmen, erhalten sie zunächst einen Termin für eine eintägige Schmerzdiagnostik“,
erläutert die Leitende Ärztin des Zentrums für Schmerzmedizin, Sandra Blenk. Dabei wird im Rahmen ärztlicher, psychologischer und psychotherapeutischer Untersuchungen festgestellt, ob sie für eine interdisziplinäre multimodale Schmerztherapie, wie sie am St.- Vinzenz-Krankenhaus angeboten wird, infrage kommen.
Eine solche Behandlung berücksichtigt – nach dem sogenannten biopsychosozialen Modell – die körperlichen, seelischen und sozialen Faktoren, die zu chronischen Schmerzen führen. „Es ist für den Erfolg der Therapie ganz wichtig, dass die Patienten veränderungsbereit sind und konsequent an sich arbeiten wollen“, erklärt Psychotherapeutin Susanne Weiß. Sie gehört – ebenso wie Ärzte, Physiotherapeuten
sowie Pflege- und Sekretariatskräfte – zum interdisziplinären Team des Zentrums.
Davon, dass nur eine hohe Veränderungsmotivation bei der Schmerzbewältigung helfen kann, ist auch Patientin Basel überzeugt: „Ich habe während der Therapie gelernt, dass ich selbst Einfluss auf meinen Schmerz nehmen kann, ihm also nicht passiv und verzweifelt
ausgesetzt sein muss.“So kennt sie inzwischen ihre persönlichen Stressauslöser, die zu Schmerzattacken führen, und kann ihnen mit individuellen Strategien, etwa Entspannungsund Bewegungstherapien, begegnen.
Drei Monate nach dem Behandlungsende kommen die Gruppenteilnehmer noch mal zusammen, um sich über ihre Erfahrungen bei der Umsetzung der erlernten Strategien auszutauschen. „Das Ziel der multimodalen Schmerztherapie ist es, Intensität und Häufigkeit der Schmerzen zu verringern, die Lebensqualität der Patienten zu verbessern und beim Kopfschmerz vor allem ihre Arbeitsfähigkeit zu erhalten“, sagt Sandra Blenk.
Ganz wichtig sei es, dass Patienten mit chronischen Schmerzen in ihrem Alltag ernst genommen werden – diese Akzeptanz, so die erfahrene Ärztin, könne helfen, den Schmerz zu reduzieren.