Beim Postenpoker in der Kultur geht es um viel mehr als Eignung
Düsseldorf schmückt sich mit dem Titel Kulturstadt. Ausstellungshäuser, Schauspielhaus, weitere Theater, Oper und Ballett ziehen heimische und auswärtige Besucher an. Die Kultur gehört zu den weichen Standortfaktoren, die die Attraktivität einer Stadt ausmachen, deswegen ist die Frage, wer sie managt, für die Entscheider auch eine strategische Frage – und eine des politischen Einflusses. Das zeigt sich aktuell auch bei der Kür der neuen Leiterin des Kulturamts.
Mit der Besetzung von Top-Positionen im Rathaus ist es so eine Sache. Sicher ist am Ende nur eines: Wer für die Auswahl verantwortlich ist, wird sagen, dass die erwählte Person einfach die beste Option war, am besten geeignet, am besten qualifiziert. Je nach
Bei der Personalauswahl für Top-Positionen im Rathaus sollte es eigentlich nur um Befähigung gehen. Die Nachbesetzung im Kulturamt zeigt, dass auch anderes hineinspielen kann.
Lage kann das jemand aus dem „eigenen Stall“sein, andernfalls kann es auch heißen, es sei gut, frisches Blut von außen zu holen.
Allein unter den acht Dezernenten, die als Minister der Stadtregierung gelten, gibt es zwei Eigengewächse. Christian Zaum (CDU) ist Ordnungs- und Rechtsdezernent, zuvor managte er die CDURatsfraktion. In den anderen politischen Lagern wurde er geschätzt, aber bei seiner Wahl gab es auch Skepsis. Die jedoch hat sich gelegt – auch über Parteigrenzen hinweg. Hans-Georg Lohe (CDU) war Referent von Kulturdezernent HansHeinrich Grosse-Brockhoff (CDU) und wurde für 16 Jahre sein Nachfolger. Ein seltener Karrieresprung, der von CDU-Spitzen mit der Frage vorbereitet wurde, ob es nicht eigentlich auch Kandidaten in der zweiten Reihe gebe.
Miriam Koch (Grüne), Leiterin des Amtes für Migration und Integration und einst OB-Kandidatin ihrer Partei, wird wahrscheinlich 2022 zur Kulturdezernentin gewählt. Ohne ihren Namen zu nennen, war dies Gegenstand der Kooperationsverhandlungen von CDU und Grünen. Auch ihr jetziges Amt wird ihr zugeordnet, ein eher ungewöhnlicher Dezernatszuschnitt. Aber eben weil dies feststeht, ist die Nachbesetzung an der Spitze des Kulturamtes neben der Tatsache, dass es um Qualifikation geht, ein Politikum.
Neue Kulturamtsleiterin soll nun Angélique Tracik werden.
Sie ist heute in Radolfzell Leiterin der Kulturabteilung. Ein Kulturamt gibt es dort nicht, was bei einer Stadt von etwas mehr als 30.000 Einwohnern nicht verwundern darf. Tracik hat unter anderem Kulturmanagement studiert und wer sich nach ihr am Bodensee erkundigt, wird viel Gutes hören über ihre zupackende und kreative Art sowie ihre Fähigkeiten bei der Sponsorensuche, zudem über ihr entgegenkommendes Wesen.
In den Vorstellungsgesprächen dabei waren neben dem Leiter des OB-Büros unter anderem Lohe und die Kulturamtsvize Petra Winkelmann, die also ihre neue Chefin mitaussuchen durfte. Beide gehen bald in den Ruhestand. Miriam Koch, die lange mit der Kulturamtsleiterin zusammenarbeiten wird, hatte bei der Auswahl keinen Einfluss, was formell natürlich in Ordnung ist. Die grüne Kulturexpertin Clara Gerlach wurde nach ihrem Vorstellungsgespräch aussortiert, was Beobachter mit dem Hinweis kommentieren, die Grünen sollten den prestigeträchtigen Kulturbereich nicht dominieren. Damit hatte auch Michael Dimitrov (FDP) keine Chance mehr, der heute als Abteilungsleiter im Kulturamt arbeitet und viel Positives im Kulturbereich bewegt hat. Er ist ein befähigter Mann aus der zweiten Reihe, aber diesmal hat keiner danach gefragt.
Unser Leser Heinz Friedrich Elflein weist darauf hin, dass bei der Vergabe öffentlicher Positionen eigentlich die Bundeslaufbahnverordnung zugrunde gelegt werden müsse, worin stehe „Eignung, Befähigung, fachliche Leistung“. Ein gutes Argument gegen Postengeschacher – bei dem eben auch interne Bewerber große Verlierer sein können.