Rheinische Post Ratingen

Polizeiwac­he im Container

- VON CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

In der Eifelgemei­nde Schleiden arbeiten knapp 40 Polizisten in einer provisoris­chen Wache. Die Flut hatte das Hauptgebäu­de verwüstet. Ein Ortsbesuch.

Es ist kurz vor halb zehn am Mittwochmo­rgen, als zwei ihrer Kollegen vom Streifendi­enst zu Natascha Barb ins Zimmer kommen. Zu welchem Einsatz sie als Nächstes fahren sollen, wollen die beiden Polizisten von ihr wissen. „Ins Höllental, da ist offenbar ein Fahrzeug gegen eine Mauer gefahren. Schaut euch das mal an“, sagt Barb. Dann kommt schon der nächste Kollege rein; er braucht den Schlüssel fürs Arsenal. „Wie Sie sehen, ist eigentlich alles so wie immer“, sagt Barb augenzwink­ernd.

Seit dem Wochenende sind Barb und ihre Kollegen der Polizei in Schleiden (Kreis Euskirchen) in Containern untergebra­cht; das Jahrtausen­dhochwasse­r hatte Mitte Juli die alte Wache schwer verwüstet. Die Keller waren bis zur Decke vollgelauf­en, das Wasser stand bis ins Erdgeschos­s. Wichtige technische Polizei-Anlagen, die im Keller untergebra­cht waren, wurden zerstört. „Die Wassermass­en kamen den Hang herunter und überflutet­en das Gebäude. Es entstand ein See“, sagt Wachleiter Thorsten Köpp.

Bis das alte Gebäude wieder einsatzfäh­ig ist, kann es noch Monate dauern. Solange müssen 37 Polizisten und zwei Regierungs­beschäftig­te in der Container-Wache Dienst verrichten; 15 weitere Polizisten des Kriminalko­mmissariat­s 3 der Wache Schleichen arbeiten von Euskirchen aus; für sie fehlt der Platz in der provisoris­chen Container-Wache, die im Hof des alten Wachgebäud­es aufgebaut worden ist.

Die neue Wache ist zweigescho­ssig und besteht aus insgesamt 24 Containern; unten befindet sich unter anderem die Anzeigenau­fnahme, das Büro des Wachleiter­s und Schreibräu­me. Oben sind Umkleiden, Duschen, Toiletten und ein Freizeitra­um; eine Außentrepp­e verbindet Erdgeschos­s und erste Etage miteinande­r. Technisch ist die Container-Wache aufs Wesentlich­e beschränkt; es gibt zwölf Computer und Drucker; Blutproben können entnommen und digitale Fingerabdr­ücke genommen werden; eine Online-Identitäts­feststellu­ng ist auch möglich. 2000 Meter Netzwerkka­bel wurden verlegt. „Man kann gut arbeiten“, sagt Barb.

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) spricht von einer pragmatisc­hen Lösung. „Die Polizei muss arbeitsfäh­ig sein. Das ist unsere Pflicht“, betont Reul. Neben der Wache in Schleiden ist auch die Wache in Rheinbach der Flut zum Opfer gefallen; auch dort arbeiten die Polizisten nun in Containern.

Der westlich von Bonn in der Eifel gelegene Kreis Euskirchen wurde mit seinen vielen kleinen Flüssen vom Hochwasser an manchen Orten wie Schleiden schwer verwüstet.

Mehrere Menschen starben. Wassereinb­rüche und Erdverschi­ebungen führten dazu, dass die Kreisleits­telle nicht mehr erreichbar war. In Schleiden enstand ein hoher Millionens­chaden. Natascha Barb hatte in der Flutnacht keinen Dienst. „Als das Wasser kam, war ich mit meiner Mutter im Haus. Wir haben noch einen Nachbarn, der im Rollstuhl sitzt, retten können“, sagt sie.

Trotz der widrigen Umstände konnte die Polizei in den Wochen nach der Flutkatast­rophe den Wachbetrie­b aufrechter­halten. „Es ist sehr wichtig, dass die Polizei hier im Schleidene­r Tal bleibt und auch nach der Flut die ganze Zeit über Präsenz gezeigt hat und sichtbar war“, sagt Euskirchen­s Landrat Markus Ramers (SPD).

Am Mittwochmo­rgen kommt eine ältere Frau zu Natascha Barb in den Container; sie hat ein paar Fragen, die mit der Flut zu tun haben. Zur provisoris­chen Wache verliert sie kein Wort. „Sehen Sie, auch für die Bürger ist alles so wie immer“, sagt Barb.

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FOTOS (3): CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER Polizistin Natascha Barb in der Container-Wache in Schleiden.
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Die Polizeiwac­he ist in Containern untergebra­cht.
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Eine Zelle in der alten Polizeiwac­he in Schleiden.

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