Wirrwar in den Fußball-Stadien
Der Hamburger SV darf seine Arena als erster Klub unter 2G-Bedingungen wieder komplett auslasten. Andere Vereine drängen ebenfalls, Kritik an vollen Tribünen kommt von Karl Lauterbach.
MÜNCHEN (dpa) Der FC Bayern München verlangt einen 3G-Nachweis, Borussia Dortmund lässt mit wenigen Ausnahmen keine Getesteten, sondern nur Geimpfte oder Genesene (2G) rein. Der FSV Mainz 05 setzt mit der „2G-plus“-Regel auf eine Zwischenlösung: Neben Bereichen für ausschließlich Geimpfte und Genesene gibt es auch ein geringes Kontingent für negativ Getestete. Fest steht: Es herrscht ein Zuschauer-Wirrwarr bei den Fußball-Vereinen, die unter Auflagen seit dieser Saison wieder mehr Fans empfangen dürfen. Manchen Vereinen geht die Teil-Öffnung nicht weit genug. Sie drohen gar mit rechtlichen Schritten.
50 Prozent Auslastung, maximal 25.000 Zuschauer: Diese Grundregel hat die Politik den Klubs der zwei höchsten Spielklassen im Fußball auferlegt. Während bei Kulturveranstaltungen mit einem 2GKonzept teilweise alle Plätze belegt werden dürfen, bleiben die Ränge vieler Vereine teilweise leer. „Es wird Zeit, dass das ‚Team Vorsicht‘ aufpasst, dass es nicht zum ‚Team weltfremd‘ wird“, hatte der scheidende Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga (DFL), Christian Seifert, zuletzt gemahnt.
Hoffnung macht vielen ProfiKlubs die Entscheidung des Hamburger Senats vom Dienstag: Zweitligist HSV darf das Volksparkstadion unter 2G-Bedingungen wieder voll auslasten, auch wenn die Hamburger aus organisatorischen Gründen darauf am Sonntag gegen den 1. FC Nürnberg noch verzichten. BVBChef Hans-Joachim Watzke hatte zuletzt einen solchen Beschluss gefordert. „Wenn die überwiegende Mehrheit der Zuschauer geimpft und die Kinder getestet sind, halte ich Fußballspiele vor gut gefüllten Häusern für ein verantwortbares Risiko“, sagte Watzke.
SPD-Gesundheitsexperte Karl Lauterbach hat sich selbst unter Anwendung der 2G-Regel gegen volle Fußball-Arenen ausgesprochen, zu denen nur geimpfte und genesene Menschen Zutritt hätten. „Leider ist es auch unter 2G-Bedingungen im Moment noch nicht sinnvoll, die Stadien ganz zu füllen“, sagte Lauterbach.
Vor dem Hintergrund des Nachlassens des Impfschutzes stelle etwa die Anreise ein Problem dar, ergänzte der SPD-Politiker mit Blick auf die Menschenmassen, die normalerweise in Richtung Stadion strömen.
Dass neben den Stadien in Hamburg weitere Arenen unter der 2GVoraussetzung in wenigen Wochen wieder komplett besetzt sein dürfen, hält Verfassungsrechtler Björn Schiffbauer für „relativ wahrscheinlich“. Schließlich könne die 2G-Regelung den öffentlichen Gesundheitsschutz
wohl gewährleisten. „Die Freiheit von Vereinen und Zuschauern weiter einzuschränken, wäre somit unverhältnismäßig“, sagte Schiffbauer, der auch Mitglied im Kontrollausschuss des Deutschen Fußball-Bundes ist.
Das Problem: Nicht alle Bundesliga-Klubs ziehen bei der 2G-Regelung mit. Der FC Bayern setzt bislang ebenso auf 3G wie Hertha BSC. Mainz testet am kommenden Wochenende eine Zwischenlösung. „Wir wollen die Nur-Getesteten nicht ausschließen“, hatte der Mainzer Vorstandschef Stefan Hofmann zuletzt gesagt. Sollten die FußballVereine – vor allem unter Berücksichtigung der 2G-Regel – ihre Zuschauer-Kapazität nicht erhöhen dürfen, haben einige Klubs rechtliche Schritte angedroht. „Wir würden uns einer Klage anschließen“, sagte Hertha-Geschäftsführer Fredi Bobic.
Ob 2G, 3G oder 2G-Plus – die Fußball-Klubs werden das Dauerthema Corona bislang nicht los. Doch die Entscheidung des Hamburger Senats könnte Signalwirkung für andere Bundesländer haben.