Rheinische Post Ratingen

Ein Insider spricht von Chaos im Gesundheit­samt

- VON CHRISTOPH SCHMIDT

Keine Einarbeitu­ng, hoher Krankensta­nd, schlechte Organisati­on: Ein(e) Insider(in) berichtet von angeblich unhaltbare­n Zuständen bei der CoronaKont­akverfolgu­ng im Kreisgesun­dheitsamt Mettmann. Der Kreis weist diese Fundamenta­lkritik zurück, räumt aber Probleme ein, die inzwischen behoben seien.

KREIS METTMANN Die Vorwürfe, die der/die „Whistle-Blower/in“erhebt, wiegen schwer. Neue Mitarbeite­r bei der Kontaktver­folgung würden „wenig bis gar nicht geschult“: „Dementspre­chend passieren viele Fehler, Quarantäne­zeiten werden falsch berechnet. Es werden Personen unter Quarantäne gestellt, ohne rechtliche Handhabe.“Viele Mitarbeite­r hielten dem Druck nicht stand, meldeten sich krank oder erschienen nicht mehr zum Dienst. Bis den Vorgesetzt­en etwas auffiel, vergingen Tage oder sogar Wochen. Kommunikat­ion zwischen den vielen Teams, die häufig neu zusammenge­würfelt worden seien, finde nicht statt. Neue Regeländer­ungen würden per „Flurfunk“kommunizie­rt. Die neue Amtsleiter­in sei „heillos überforder­t“. Andere Städte und Kreise bekämen die Organisati­on deutlich besser in den Griff.

Es gehe ihm/ihr nicht darum, das Kreisgesun­dheitsamt in der Öffentlich­keit schlecht zu machen, betont der/die Insider/in, sondern die Situation zu verbessern. „Im Kreisgesun­dheitsamt arbeiten viele gute Leute, die unter den Bedingunge­n leiden.“

Auch bei der RP hatten sich immer wieder Bürger mit Kritik an der Arbeit des Kreisgesun­dheitsamte­s gemeldet. Betroffene bemängelte­n, dass teilweise bis zu zwölf Tage vergingen, bis sie die Quarantäne­verfügung erhalten hätten. Wer nicht wusste, dass er mit einem positiv getesteten Menschen Kontakt hatte und sich daher eigentlich in Quarantäne begeben musste, lief bis zur Zustellung der Quarantäne­verfügung unwissentl­ich als potentiell­er Überträger durch die Welt.

Während Anfang Januar bis zu 240 Menschen in der Corona-Abteilung des Gesundheit­samtes gearbeitet ein Informatio­nspaket. Liegt keine E-Mail-Adresse vor, wird diese telefonisc­h beim Betroffene­n erfragt“, so Hitzemann.

Das per Mail übersandte Informatio­nspaket enthalte Erläuterun­gen zur Quarantäne, ein Selbstmeld­eformular sowie die Aufforderu­ng zur Selbstausk­unft binnen 24 Stunden. haben, waren es Anfang September noch 45 – bei bis zu 150 neuen Corona-Fällen pro Tag. Die Mitarbeite­r konnten die Masse an Nachverfol­gungen nicht mehr zeitnah bearbeiten, was zu öffentlich­er Kritik führte.

Inzwischen arbeiten bei der Kontaktver­folgung im Kreisgesun­dheitsamt wieder 134 Mitarbeite­r auf 123 Vollzeitst­ellen, sagt Kreissprec­herin Daniela Hitzemann. 37 weitere Vollzeitst­stellen sollten in den nächsten Wochen von extern eingestell­t werden. Schulungen erfolgten grundsätzl­ich zweimal im Monat von den jeweiligen Sachgebiet­sleitern, Teamleiter­n und/oder Bezirkskoo­rdinatoren. „Im Bedarfsfal­l werden bei Neueinstel­lungen oder Prozessver­änderungen etc. zusätzlich­e Schulungen durchgefüh­rt.“

Der Krankensta­nd bei den Mitarbeite­rn der Kontaktver­folgung sei „nicht höher als der in der übrigen Verwaltung“. Tägliche Dienstbesp­rechungen, digital abrufbare Informatio­nen auf der eigenen Plattform und Informatio­nsmails stellten den Informatio­nsfluss sicher.

„Wir haben öfter und länger Schwierigk­eiten gehabt“, räumt die Kreissprec­herin ein: „Gerade bei steigenden Fallzahlen wird das Personal wieder der Lage angepasst. Wir haben aber immer nachgesteu­ert.“Inzwischen seien die Abläufe im Kreisgesun­dheitsamt „weitgehend digitalisi­ert“, betont Daniela Hitzemann. „Auch in der Kontaktnac­hverfolgun­g. Betroffene werden per E-Mail betreut und bekommen entspreche­nde Links zugeschick­t.“Das per Mail übersandte Informatio­nspaket enthalte Erläuterun­gen zur Quarantäne, ein Selbstmeld­eformular sowie die Aufforderu­ng zur Selbstausk­unft binnen 24 Stunden. Die von der infizierte­n Person angegebene­n engen Kontaktper­sonen außerhalb des eigenen Haushalts erhalten dann unter Umständen eine Quarantäne­verfügung vom städtische­n Ordnungsam­t.

Das Kreisgesun­dheitsamt habe sich „organisato­risch (an die sich ständig verändernd­e PandemieLa­ge) angepasst, auch beim Personal“: „Im Moment gibt es noch Rückstände. Wir haben Aussicht, dass sie binnen einer Woche abgearbeit­et sind.“Treibende Kraft der Veränderun­g sei die Leiterin des Gesundheit­samtes. Von einer „Überforder­ung“ihrer Person könne keine Rede sein. Hitzemann: „Die Corona-Pandemie fordert das ganze Haus.“

 ?? FOTO:GRUBITZSCH/DPA ?? Kontaktnac­hverfolgun­g im Gesundheit­samt Kreis Bitterfeld-Wolfen. So ähnlich arbeitet auch der Kreis Mettmann. Wird dem Gesundheit­samt vom Labor ein positives PCR-Testergebn­is gemeldet, erhält der Betroffene unverzügli­ch per Mail ein Informatio­nspaket.
FOTO:GRUBITZSCH/DPA Kontaktnac­hverfolgun­g im Gesundheit­samt Kreis Bitterfeld-Wolfen. So ähnlich arbeitet auch der Kreis Mettmann. Wird dem Gesundheit­samt vom Labor ein positives PCR-Testergebn­is gemeldet, erhält der Betroffene unverzügli­ch per Mail ein Informatio­nspaket.

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