Sieben Köpfe, viel Durcheinander
Es ist fast so weit, am Sonntag wird gewählt. Das letzte TV-Duell der Spitzenkandidaten ließ erahnen, wie es danach weitergeht. Vier Männer, drei Frauen, sieben Parteien – ein großes Durcheinander, von Idar-Oberstein bis China, von Mietendeckel bis Schuldenbremse. Wenn die Umfragen nicht völlig falschliegen – was möglich ist –, läuft es auf so komplizierte Sondierungen und Koalitionsverhandlungen wie noch nie hinaus.
Ob Armin Laschet oder Olaf Scholz Kanzlerin Angela Merkel nach 16 Jahren ablöst, könnte an nur wenigen Stimmen hängen. Wenn überhaupt: Denkbar ist auch, dass die Nummer zwei ins Kanzleramt einzieht – denn am Ende zählt die Mehrheit im Bundestag, die eine künftige Koalition zustande bringt. Die Entscheidung dürfte also vor allem bei Grünen, FDP und auch der Linken liegen. Einst konnte Gerhard Schröder seinen Juniorpartner Joschka Fischer darauf hinweisen, wer Koch und wer Kellner sei, aber in einer Dreier-Koalition haben Kellner – oder Kellnerinnen – die Macht. Da hilft auch keine Richtlinienkompetenz.
So oder so werden ungefähr vier von fünf Wahlberechtigten mit einem Kanzler leben müssen, dessen Partei sie nicht gewählt haben. Und die nächste Legislaturperiode wird für Kompromisse stehen. So absolut, wie die sich vier Männer und drei Frauen beim letzten Duell gaben, fällt das Regieren, egal in welcher Konstellation, sicher nicht aus. Was das für die großen Aufgaben – Klimawandel, Digitalisierung, Altersversorgung – bedeutet, muss sich zeigen. Ein Neuaufbruch nach der Ära Merkel ist nötig, das beschwört selbst ihre eigene Partei mit dem Drängen auf ein „Modernisierungsjahrzehnt“. Aber wie kann er gelingen? Das Durcheinander zeigt: Es dürfte weniger auf Programmatik als auf Zwischenmenschliches, auf gegenseitiges Vertrauen ankommen – darauf, wer mit wem kann.
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