Verfahren gegen Modeschule eröffnet
Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ermittelt jetzt wegen Betrugsverdachts, aber auch weiterer Vorwürfe gegen Verantwortliche des Fashion Design Instituts. Der Direktor der Schulträgerfirma äußert sich auf Anfrage nicht dazu.
DÜSSELDORF Der Skandal um dubiose Geschäftspraktiken an der privaten Modeschule Fashion Design Institut (FDI) hat jetzt auch juristisch ein Nachspiel. Die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft hat in Zusammenhang mit Vorwürfen gegen die Privatschule mit Sitz in Oberbilk einen Anfangsverdacht bejaht und ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Dabei gehe es um die Vorwürfe Betrug, Urkundenfälschung sowie eine Ordnungswidrigkeit wegen der Führung des Landeswappens. „Der Staatsanwaltschaft liegen mehrere Strafanzeigen vor, die zum Teil von Studierenden der Modeschule erstattet wurden”, so eine Sprecherin auf Anfrage. Der Direktor der Schulträgerfirma Dreamcast Evolution Ltd, H. T., hat eine Anfrage unserer Redaktion bis Redaktionsschluss nicht beantwortet.
Berichte unserer Redaktion hatten in den vergangenen Monaten fragwürdige Geschäftspraktiken am FDI aufgedeckt. So wurden auf der Webseite der berufsbildenden Ergänzungsschule akademische Studiengänge angeboten, obwohl die private Modeschule dazu nicht berechtigt ist. Für das angebliche Bachelor-Studium wurden zuletzt mehr als 5000 Euro pro Jahr berechnet, weitere 4000 Euro sollten an eine angebliche Partnerhochschule im Ausland gezahlt werden. Strittig ist auch die Echtheit eines Bachelor-Zeugnis für Fashion Design, das unserer Redaktion vorliegt. Dreamcast bestritt über einen Anwalt, Studiengänge anzubieten.
Beim NRW-Ministerium für Kultur und Wissenschaft (MKW) läuft wegen der strittigen Studiengänge seit zweieinhalb Monaten ein Verfahren gegen das FDI. Zum aktuellen Stand will sich das MKW nicht äußern. Die Bezirksregierung Düsseldorf will für den Abschluss ihrer Prüfungen das Ergebnis des MKWVerfahrens abwarten.
Hinweise unserer Redaktion, dass dem MKW schon seit mehreren Jahren Informationen über Studiengänge am FDI vorliegen, kommentiert eine Sprecherin so: „Das MKW ist seit 2015 in verschiedener Weise mit dem FDI befasst. Das laufende Verfahren gestaltete sich von Anfang an komplex, weil sich zwischendurch der Sachverhalt immer wieder geändert hat (insbesondere Veränderungen bei den Studiengängen bzw. den ausländischen Kooperationspartnern sowie beim Träger) und die Änderungen in die Prüfung einbezogen werden mussten.”
Seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen das FDI wurden die Angaben zu Kooperationsschulen und dem Schulangebot auf der Webseite der Privatschule erneut verändert. Informationen zu einem Bachelorund Master-Studium finden sich dort weiter. Seit kurzem wird etwa eine Zusammenarbeit mit einer französischen Modeschule angegeben. Schülern eröffne sich damit „die Möglichkeit, zwei Abschlüsse zu erreichen”, eine sei ein „französischer Bachelor”. FDI-Absolventen könnten diesen in drei Monaten erreichen.
Indes werden weitere Vorwürfe gegen das FDI und den FDI-Chef H. T. laut. So beklagt Selin Sönmez (19) aus Düren, die seit vergangenem Herbst am Ausbildungsgang International Fashion Designer teilnimmt, dass H. T. ihre Kündigung zum 30. September 2021 nicht angenommen habe. „Ich hatte ihm aber rechtzeitig am 30. Juni per EMail meine Kündigung mit Unterschrift geschickt.” Auch die Vorlage eines Screenshots der E-Mail (liegt unserer Redaktion vor) sei nicht berücksichtigt worden. Es bleibe dabei, dass die Kündigung zum 30. September 2022 wirksam werde, teilte H. T. der Schülerin in einem Schreiben mit, das unserer Redaktion vorliegt.
Die 19-Jährige weiß nicht, wie es jetzt weitergehen soll. „Meine Oma bezahlt mir die Ausbildungskosten am FDI und wenn ich weiter zahlen muss, wird kein Geld übrig sei, um woanders eine Ausbildung zu beginnen.” Zudem sei sie davon ausgegangen, am FDI auch ihren Bachelor-Abschluss machen zu können. Nach einem kostenlosen Workshop im vergangenen Herbst habe H. T. ihr gesagt, dass sie den Bachelor sogar ohne Abitur vor Ort machen könne. Ihre Mutter Yasemin Sönmez, die beim Gespräch dabei war, bestätigt das.
Eine fragwürdige Geschäftspraktik beschreibt auch eine andere
Schülerin (Name der Redaktion bekannt). Im Bewerbungsgespräch im Herbst 2020 habe H. T. ihr mitgeteilt, dass für den Bachelor-Grad 4000 Euro und für den Master-Titel 7000 Euro gezahlt werden müssten. Sie habe sich dann für ein Bachelor-Studium am FDI entschieden und nach Aufforderung von H. T. ein Schreiben unterzeichnet. Darin sollte sie angeben, dass sie verstand, dass sie den Bachelor am FDI machen und erhalten würde und eine Zahlung über 4000 Euro an eine Hochschule zu leisten sei, die das Zeugnis ausstellen würde: „Ich weiß, dass man an vielen Privatschulen Prüfungsgebühren zahlen muss, deswegen hatte ich mir nichts dabei gedacht.” Eine Kopie des Schreibens habe sie nie erhalten.
Nach Bekanntwerden der Vorwürfe gegen das FDI habe sie ihren Vertrag Ende Juni gekündigt und zwar in einer Gruppe mit Mitschülern. „Wir sind alle zu H. T. gegangen und haben darauf bestanden, dass er unsere Kündigungen sofort annimmt und abzeichnet. Von anderen Schülern wussten wir, dass einige Kündigungen
erst zum 30. September 2022 akzeptiert wurden, obwohl sie rechtzeitig eingereicht wurden.” Dieser Aufforderung sei H. T. gefolgt.
Bedenkliche Erfahrungen will auch Monica-Lydia de Souza mit dem FDI-Chef gemacht haben. Die 23-Jährige habe nach einem kostenlosen Workshop im vergangenen Herbst mit H. T. über Bachelorund Master-Studiengänge am FDI gesprochen. Als sie H. T. nach dem Master-Abschluss fragte, habe er ihr Folgendes mitgeteilt: dass sie dann nach der Bachelor-Prüfung auf einem Papier nur ankreuzen müsse, noch den Master-Grad erhalten zu wollen. Die Abschlussprüfung würde „aus verschiedenen Promis bestehen” und „das wäre dann schon machbar”, habe er ihr auf Nachfrage erläutert. Befremdlich habe sie es aber auch empfunden, dass es kein Bewerbungs- und Auswahlverfahren geben sollte, obwohl dies auf der Webseite so angegeben war und es an Modeschulen üblich ist. „Ich hätte fünf Minuten nach dem Workshop den Vertrag unterzeichnen können, dabei hatte ich nicht mal mein Schulzeugnis dabei. Das kann nicht gut enden, dachte ich mir.”
Einige Wochen danach habe sie überraschend Schulbestätigungsunterlagen, dann Zahlungsaufforderungen über mehr als 1800 Euro für Ausbildung und Anmeldung am FDI erhalten. „Ich hatte doch gar keinen Vertrag unterzeichnet”, sagt de Souza. Nach dem Workshop habe H. T. sie aber aufgefordert, ein nicht lesbares, da sehr hell kopiertes Schreiben zu unterzeichnen. „Das ist etwas für den Datenschutz, hat er mir damals gesagt.” Mehrmals habe sie versucht, alles aufzuklären. H. T. habe aber darauf bestanden, dass sie einen Vertrag unterzeichnet habe und sei ihr gegenüber auch laut geworden. „Wäre ich damals nicht schon 22 Jahre alt gewesen, sondern 17, ich hätte wirklich Angst gehabt und gemacht, was H. T. mir sagte.” Nach Rücksprache mit ihrem Anwalt habe sie keine Zahlung geleistet. „Anfang dieses Jahres hörten die Schreiben dann auf. Den angeblich von mir unterzeichneten Vertrag hat H. T. mir übrigens nie gezeigt.”
Eine Anfrage an den Direktor der Schulträgerfirma blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.