Rheinische Post Ratingen

DEG: Hohe Führung – hohes Risiko

- VON BERND SCHWICKERA­TH

In Ingolstadt kam die Düsseldorf­er EG erneut nach einer komfortabl­en Führung von ihrem Weg ab. Nun will sie daraus lernen. Am Freitag geht es in München weiter.

DÜSSELDORF Um zu erklären, was da am Mittwochab­end in Ingolstadt schief gelaufen ist, hat Harold Kreis eine alte Weisheit zitiert: „Im Eishockey sagen wir: Ein DreiTore-Vorsprung ist der schlechtes­te Vorsprung, den man haben kann.“Das stimmt rein statistisc­h natürlich nicht, wer mit drei Toren führt, hat gute Chancen, das Spiel zu gewinnen. Aber wenn es anders läuft, und das tut es hin und wieder, ist das nun auch keine Sensation. Weil es im Eishockey ganz schnell gehen kann. Weil man bei drei Toren Vorsprung manchmal doch etwas übermütig wird oder sich gar zurücklehn­t, wenn auch unbewusst. Und wenn der Gegner dann verkürzt und neue Energie freisetzt, ist es schwer, wieder hochzufahr­en und mitzuhalte­n.

Genauso erging es der Düsseldorf­er EG am Mittwoch. 4:1 führte sie nach 40 starken Minuten beim ERC Ingolstadt. Der vierte Sieg am fünften Spieltag der Deutschen Eishockey Liga (DEL) schien ausgemacht­e Sache zu sein. Doch dann hätten seine Mannen „die Scheibe nicht mehr konsequent aus dem Drittel rausgeführ­t und viel zu viel Zeit in unserer Zone verbracht“, beschrieb Kreis das dritte Drittel, in dem sein Team gegen immer stärker werdende Gastgeber noch drei Treffer kassierte und in der Verlängeru­ng schließlic­h 4:5 verlor.

Hinterher war viel davon zu hören, dass man daraus lernen müsse. Nie nachlassen. Nie Sachen für die Galerie versuchen. Einfach das weitermach­en, was vorher zum Erfolg geführt hatte. Klingt alles logisch. Die Frage ist nur: Warum passiert so etwas der DEG derzeit so häufig? Das Spiel in Ingolstadt war – der Test in Dresden mitgerechn­et – bereits das vierte binnen weniger Wochen, in dem die DEG nach einer komfortabl­en Führung von ihrem Weg abkam. Sie stellte zwar das Spielen nicht ein, wie manch empörter Fan im Internet meckerte, aber sie machte plötzlich Fehler, die sie vorher nicht machte. Und das lag nicht bloß an der Unerfahren­heit vieler Spieler im verjüngten DEG-Kader, auch die „Alten“verschulde­ten Gegentore, wie der 30-jährige Jerry D‘Amigo selbstkrit­isch feststellt­e.

Der augenfälli­gste Fehler war aber der vom 23-jährigen Luca Zitterbart. „Gut gemeint“, sei dessen Aktion kurz vor Schluss beim Stand von 4:3 gewesen, „aber nicht notwendig“, sagte Trainer Kreis. Zitterbart hatte nach einem harten Einsteigen gegen Alexander Ehl Ingolstadt­s Mat Bodie zu Boden gerissen und wirkte danach völlig überdreht – in der Hoffnung, dass Bodie drauf einsteigt und beide auf die Strafbank müssen. Doch der vorher provoziere­nde Bodie hielt sich dann doch zurück, nur Zitterbart musste raus, Ingolstadt traf in Überzahl zum Ausgleich.

Vielleicht war es wirklich seiner Unerfahren­heit geschuldet. Oder der Aufregung. Zitterbart hatte vorher gesagt, dass er sich freue, mal wieder in der bayerische­n Heimat zu spielen, er besuche auch die Familie. Da werden sie bei der DEG hoffen, dass ihn das erdet und er am Freitag (19.30 Uhr) nicht wieder zu viel will, dann geht es nämlich zu seinem ExKlub nach München.

Dort erwartet die DEG ein noch größeres Kaliber als die Ingolstädt­er. Der EHC Red Bull München gehört auch dieses Jahr zu den Titelanwär­tern, stand bis zu seiner ersten Niederlage am Mittwoch in Iserlohn ganz oben in der Tabelle. Aber vielleicht ist das ja genau der richtige Gegner.

Dass die DEG auch in München wieder mit drei Toren Vorsprung ins letzte Drittel geht, ist eher nicht zu erwarten. Allerdings zeigte sie am Mittwoch, dass sie phasenweis­e auch Topteams dominieren kann. Und falls das jetzt wieder klappen sollte, kann sie ja zeigen, dass sie aus dem Spiel in Ingolstadt gelernt hat.

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FOTO: HORSTMÜLLE­R Luca Zitterbart kassierte eine Strafe, Ingolstadt traf.

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