Neuer Rheinbahn-Dienstleister in der Kritik
Der Geschäftsführer kommt vom gekündigten Unternehmen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen ihn wegen damaliger Vorgänge.
DÜSSELDORF Seit Freitag verfügt die Rheinbahn wieder über mehr Kontrolleure. Nachdem der Düsseldorfer Verkehrsbetrieb seinem insolventen Dienstleister Gülich fristlos gekündigt hatte, ist eine Lösung für die Nachfolge gefunden worden. Per „Interimsvergabe“bis zum 30. April übernimmt ein neu gegründetes Unternehmen die vakanten Aufgaben. Schon bislang war Klüh für die Rheinbahn mit Kontrolleuren im Einsatz, die zwei Drittel der Dienste übernahmen. Ein Drittel liegt jetzt beim neuen Dienstleister.
An dieser Entscheidung stößt sich die Gewerkschaft Verdi. Grund: Der Geschäftsführer (der Name des Mannes und seines Unternehmens sind der Redaktion bekannt) war bis Mai Geschäftsführer bei Gülich und für den Aufgabenbereich Rheinbahn zuständig. „Das hat mindestens Geschmäckle“, sagt Gewerkschaftssekretär Özay Tarim.“
Und das aus mehreren Gründen. Aus Tarims Sicht ist der Mann mit verantwortlich für die Lage, in die die Kontrolleure durch die Insolvenz bei Gülich gerieten. Jetzt habe er einige dieser Mitarbeiter erneut angeworben. „Sie sind in der Zwickmühle, weil sie von ihrem Job abhängig sind.“Zumal sie Mitte September keinen Lohn mehr bekamen, obwohl sie noch ihren Dienst verrichtet hatten. Der Insolvenzverwalter hatte kurz vorher Masseunzulänglichkeit angemeldet.
Selbst wer eine neue Stelle bekommt, muss sich laut Tarim wohl mit schlechteren Konditionen zufrieden geben, auf jeden Fall mit einer befristeten Anstellung. Die eigentliche Neuausschreibung des Auftrags für die Zeit ab 1. Mai 2022 läuft laut Rheinbahn parallel, es ist offen, wer den Zuschlag bekommt.
Mindestens belastet dürfte das Verhältnis zwischen dem neuen Arbeitgeber und einigen GülichMitarbeitern jedoch vor allem aus einem anderen Grund sein. Die Staatsanwaltschaft führt nach Informationen
unserer Redaktion ein Ermittlungsverfahren gegen den ehemaligen Chef der Rheinbahn-Kontrolleure, unter anderem wegen des Verdachts des Betruges und weiterer Delikte im Zusammenhang
mit der Beantragung von Kurzarbeitergeld im vergangenen Jahr. Ein Anfangsverdacht hatte sich bestätigt. Der Beschuldigte bestreitet das auf Nachfrage unserer Redaktion, es gebe kein Ermittlungsverfahren gegen ihn, teilt er per E-Mail mit.
Die Staatsanwaltschaft in Bochum gibt in diesem Zusammenhang keine Auskunft zu Personen oder Unternehmen. Das Arbeitsgericht in Bochum bestätigt immerhin, dass rund 15 Klagen von Gülich-Mitarbeitern gegen ihren Arbeitgeber anhängig sind. „Dabei steht insbesondere die Frage im Mittelpunkt, ob das Unternehmen mit dem Betriebsrat wirksam eine Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit abgeschlossen hat“, sagt Richter Christian Kallenberg. Er sagt zudem, dass der Arbeitgeber die Betriebsvereinbarung in der Verhandlung sogar selbst als „problematisch“
beschrieben habe. Das Zustandekommen beschreibt Kallenberg als „nebulös“. Aufgrund der womöglich fehlenden Rechtsgrundlage für die Kurzarbeit fordern die Angestellten also ihren Lohn über den Klageweg ein. Allerdings ist das Verfahren aufgrund der Insolvenz der Gülich-Sparte unterbrochen. Es ist unklar, ob sie überhaupt noch Zahlungen erwarten dürfen.
Die Gewerkschaft Verdi hatte parallel zum Verfahren zudem in einem Artikel mit Berufung auf Aussagen von Mitarbeitern berichtet, dass für in Düsseldorf eingesetzte Gülich-Mitarbeiter zwar Kurzarbeit angemeldet war, sie allerdings an anderen Standorten eingesetzt wurden, also faktisch nicht in Kurzarbeit waren. Vor allem soll der Betriebsrat nicht ausreichend in die Vereinbarung zur Kurzarbeit eingebunden gewesen sein. Der damalige Geschäftsführer von Gülich und heutige Chef des neuen Dienstleisters der Rheinbahn bestreitet auch diese Vorwürfe.
Die Rheinbahn äußert sich nicht zur Vorgeschichte des neuen Auftragnehmers. Als Grund für die Vergabe sagt Sprecher Thomas Kötter lediglich: „Die Firma hat im Vorfeld alle für die Erfüllung der Aufgabe notwendigen Kriterien erfüllt. Selbstverständlich überwachen wir fortwährend die Leistung aller unserer Dienstleister im Rahmen eines definierten Prozesses.“
Özay Tarim von Verdi kann allerdings nicht nachvollziehen, wieso die Rheinbahn diese Wahl getroffen hat. „Als ob es keine anderen Anbieter gibt. Ich verstehe das nicht.“