Schachzüge für das Klima
Die Essener Spielemesse ist in diesem Jahr wieder für Besucher geöffnet. Bei den Neuheiten werden zunehmend gesellschaftlich relevante Themen wie der Umweltschutz aufgegriffen. Aber natürlich gibt es auch leichtere Kost.
ESSEN Schmelzende Polkappen, sterbende Wälder, verschmutzte Luft – nicht gerade Themen, die nach einer spielerischen Umsetzung schreien. Und doch zeichnet sich auf dem Brettspiel-Markt, der sich ab Donnerstag auf der Messe Spiel ’21 in Essen für Besucher präsentiert, ein Trend ab, gesellschaftlich relevante Fragen als familiengerechte Unterhaltung zu verpacken. „Dieses Segment gibt es schon seit Jahren, nimmt aber immer größeren Raum ein“, sagt Dominique Metzler, Geschäftsführerin des veranstaltenden Friedhelm-Merz-Verlages. Generell boomt die Spieleszene: Nach 21 Prozent Zuwachs 2020 konnte der Markt in diesem Jahr wieder um 14 Prozent zulegen. Auf der Messe zeigen 600 Aussteller aus 41 Nationen rund 1000 Neuheiten.
Zu verdanken sei der SpieleBoom unter anderem einer Verjüngung des Publikums, sagt Metzler. Dieses schätze es, gemeinsam etwas zu erleben und unkompliziert in eine andere Welt einzutauchen. Wenn dann nebenbei noch komplexe Thematiken wie der Klimawandel auf verständliche Mechanismen heruntergebrochen würden, erhöhe das den Anreiz. So müssen die Spieler etwa bei „Rettet die Eisbären“(Kobold) die bedrohten Tiere von Eisschollen herunterbringen, in „Kyoto“(Pegasus), benannt nach der Klimakonferenz, geht es darum, mit politischen Schachzügen zu verhindern, dass das Klima kippt.
Wegen des pädagogischen Effekts würden Schulen dazu übergehen, Brettspiele im Unterricht einzusetzen, sagt Metzler. Es gebe Bestrebungen, das auszuweiten, weil Spiele einen niederschwelligen Einstieg in schwierige Themen bieten und darauf ausgelegt seien, häufig benutzt zu werden. Aber es geht auf dem Spielemarkt auch um leichtere Kost. Wir haben ein paar Neuheiten vorab getestet.
Für Teamspieler
„Zauberberg“: Durch Zufall farbige Kugeln zu ziehen und einen Zauberwald hinunterrollen zu lassen – das macht Spaß. Vor allem, wenn die Kugeln auf dem schräg aufgestellten Spielplan über passende Wege auf einen Zauberlehrling treffen. Dann rückt dieser den Hang hinunter Richtung Ziel. Und sind dort vier Lehrlinge angekommen, haben die Spieler die Partie gemeinsam gewonnen. Ziemlich einfach, sollte man meinen. Doch es gibt auch Hexenfiguren, die von den Kugeln getroffen werden können und dann weiterrücken müssen. Wer schafft es zuerst ins Ziel: Die Zauberlehrlinge oder drei Hexen? Fazit: ein spannendes Wettlaufspiel mit tollem Spielmaterial; sowohl jüngere als auch ältere Kinder machen gerne mit. Amigo, ein bis vier Spieler, ab fünf Jahren, etwa 15 Minuten, ca. 35 Euro
Für Kombinierer
„Echoes“: Eine neue Rätselreihe, bei der es darauf ankommt, genau hinzuhören. Hauptelement des Spiels sind Objekte, gezeigt auf sechs dicken Papp-Tafeln und 18 Karten. Wichtig in der Vorbereitung ist es, sich die kostenlose App zum Spiel herunterzuladen, um via KartenScan die Audio-Sequenzen zu den jeweiligen Objekten anhören zu können. Als Team versuchen die
Spieler durch schlaues Kombinieren die einzelnen Karten und Audiosequenzen in eine sinnvolle zeitliche Reihenfolge zu bringen. Fazit: Mal etwas ganz anderes und hochwertig produziert.
Ravensburger, ein bis sechs Spieler, ab 14 Jahren, etwa 60 Minuten, ca. zehn Euro
Für Taktiker
„Little Factory“: Dabei wird getauscht, dass sich die Balken biegen. Zum Beispiel müssen für eine Schafkarte Holz- und Getreidekarten abgegeben werden. Ein Schaf wiederum ist vier Geldeinheiten wert, mit denen andere Ressourcen-Karten geholt werden können. Wenn Mitspieler Karten wegschnappen oder ersehnte Karten nicht aufgedeckt werden, gilt es rasch umzuplanen. Fazit: Ein gelungenes Familienspiel, bei dem es in möglichst wenigen Zügen möglichst viel zu erreichen gilt. Iello/Hutter Trade, bis zu vier Spieler, ab zehn Jahren, etwa 45 Minuten, ca. 16 Euro
Für Glückspilze
„Go! Dogge Go!“: Jeder Spieler schnappt sich eine Dackelfigur, stellt sie an die Startlinie der Rennstrecke, und dann gilt es, die Tiere in Richtung Ziel zu ziehen. Doch Achtung: Auf manchen Feldern können die Hunde zusätzliche Bauchteile bekommen. Wessen Dackel zuerst mit den Hinterpfoten die Ziellinie überquert, siegt. Fazit: Ein gelungenes Wettrennspiel für Jung und Alt mit großem Glücksfaktor.
Piatnik, zwei bis vier Spieler, ab vier Jahren, ca. 15 Minuten, ca. 15 Euro
Für Urlauber
„Perfect Holiday“: Die Spieler schlüpfen in die Rolle von Familienmitgliedern, die durch Ausspielen von Karten das Beste aus ihrem Urlaub herausholen wollen. Dazu nehmen sie Karten auf die Hand, entscheiden, welche Orte auf dem Spielplan sie besuchen. Knifflig: Nicht alle Aktivitäten sind kostenlos, und man muss gekonnt mit seinem Geld haushalten. Fazit: sehr unterhaltsam. Jumbo, bis zu sechs Spieler, ab acht Jahren, ca. 45 Minuten, ca. 27 Euro