Was Vorstände im Ruhestand verdienen
Dass ehemalige Topmanager im Alter nicht darben müssen, ist klar. Nun aber kommen konkrete Zahlen heraus. Nach seiner Amtszeit erhält der frühere Bayer-Chef 650.000 Euro, ein Ex-Thyssen-Vorstand 222.000 Euro im Jahr.
DÜSSELDORF Wie gelingt der Übergang in den Ruhestand auf hohem Niveau? Wer das wissen will, sollte sich an Eon-Chef Johannes Teyssen ein Beispiel nehmen. Der jetzt 62-Jährige verabschiedete sich Ende März 2021 ohne Streit aus der Firma. Das war finanziell kein Problem – nach elf Jahren als Vorstandschef von einem der größten Energiekonzerne Europas. Doch tatsächlich gab es gemäß einer Konzernregelung erst einmal 1,8 Millionen Euro an „Karenzentschädigung“dafür, dass er in den ersten sechs Monaten nach Vertragsende nicht zur Konkurrenz gehen durfte. Ab Oktober startete dann das normale Ruhegeld: Für drei Monate gab es 233.000 Euro. Im Jahr liegt Teyssens Pension laut Eon bei 930.000 Euro brutto.
Einmal Vorstand, nie mehr arm. Dass dies in der deutschen Wirtschaft die Regel ist, ist spätestens bekannt, seit die Konzerne in ihren Bilanzen die allgemeinen Rückstellungen für die Auszahlung aller Pensionen ihrer Ex-Top-Leute ausweisen müssen. Doch seit 2021 müssen die großen Aktiengesellschaften in ihrem Vergütungsbericht auch erwähnen, wie viel Pension einzelne Ex-Vorstände erhalten, sofern sie in den vergangenen zehn Jahren gingen. „Diese Neuerung bringt mehr Transparenz“, sagt Jella BennerHeinacher, stellvertretende Hauptgeschäftsführerin der Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). „So soll Selbstbedienung verhindert werden.“
Tatsächlich gibt es hierzu bei den großen NRW-Konzernen sowie bei anderen Unternehmen ebenfalls spannende Angaben. Heinrich Hiesinger leitete Thyssenkrupp von 2011 bis 2018, jetzt überweist ihm der Essener Konzern pro Jahr 670.000 Euro. Edwin Eichler war für zehn Jahre einfacher Vorstand bei dem Essener Stahlgiganten – das bringt als Altenteil 444.000 Euro pro Jahr. Nur zwei Jahre war der 1958 geborene Jürgen Claassen Vorstand und ging im Zusammenhang mit einem Skandal – die Jahresrente liegt trotzdem bei 222.000 Euro brutto.
Bei der Bayer-Abspaltung Lanxess war Werner Heitmann (62) von 2004 bis 2014 Vorstandsvorsitzender – dafür springen 445.000 Euro im Jahr heraus. Beim viel größeren Bayer-Konzern sind die Alterszusagen deutlich üppiger: 650.000 Euro Pension erhält der von 2010 bis 2016 amtierende Vorstandschef Marijn Dekkers (64). Bei der Höhe der Bezüge könnte auch eine Rolle spielen, dass der Pharmariese auch für die breite Belegschaft eine großzügige Versorgung neben der gesetzlichen Rente sicherstellt.
Je bekannter die Konzerne, umso mehr Geld springt heraus, das scheint jedenfalls der Trend zu sein. Josef Ackermann, früher Vorstandschef der Deutschen Bank kam, auf 924.000 Euro Pension im Jahr 2021. Ex-Siemens-Primus Joe Kaeser freute sich über 1,1 Millionen Euro, ExVW-Boss Martin Winterkorn erhielt 1,18 Millionen Euro, Dieter Zetsche, von 2006 bis 2019 Chef von Daimler, erhielt im Vorjahr 1,836 Millionen Euro. Der Betrag setzt sich laut Vergütungsbericht zusammen aus „Rentenzahlungen“von Daimler in Höhe von 1,081 Millionen Euro sowie 755.170 Euro aus einem „betrieblichen Altersvorsorgemodell“. Hinzu kamen 48.500 Euro für „Nebenleistungen“, was etwa ein Dienstwagen sein könnte. „Zetsche ist der Rentenkönig von Deutschland“, sagt der Vergütungsexperte Heinz Evers. Er findet so hohe Renten durch Firmen nicht gut: „Es wäre besser, die Vorstände würden privat vorsorgen und man würde ihnen im Gegenzug das Gehalt etwas erhöhen.“Dies unterstützt BennerHeinacher: „Das Altersruhegeld für Vorstände sollten die selber organisieren und dafür einen Zuschlag erhalten. Die kennen sich doch bestens mit Finanzen aus.“
Dabei schließen sich eine solide Finanzgrundlage von der alten Firma und das Weiterarbeiten keineswegs aus: Rolf Pohlig etwa war 2007 bis 2012 Finanzvorstand bei RWE – das bringt dem Ökonomen ein Ruhegeld von 223.000 Euro. Aber als zweiter Stellvertretender Aufsichtsratschef des Flughafens Düsseldorf mischt er weiter mit im Machtmonopoly. Noch emsiger ist Thomas Sattelberger. Als früherer Personalvorstand der Telekom erhält er 279.000 Euro Rente, auch ein Zubrot hat der 72-Jährige sich gesichert: Er ist Bundestagsabgeordneter der FDP und Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesbildungsministerium. Das bringt laut Steuerzahlerbund weitere rund 20.000 Euro im Monat. Dabei spielt Geld für den früher im Studium als linken Aktivisten geltenden Ex-Personalverantwortlichen nach eigenem Bekunden keine große Rolle: „Auch in meinem aktiven Unruhestand kämpfe ich mit eisernem Willen gegen geschlossene Systeme in Unternehmen, in der Gesellschaft
und gegen die daran geknüpfte Chancenungleichheit und die Ausgrenzung von Talenten.“
Drei Dinge seien noch zu den hohen Altersbezügen gesagt: Im Vergleich zu den Salären der aktiven Vorstände sind sie nicht extrem hoch. So erhält Lothar Steinebach als früherer Finanzvorstand von Henkel zwar beachtliche 527.000 Euro Betriebsrente, doch Nach-Nachfolger Marco Swoboda kam auf rund vier Millionen Euro vergangenes Jahr.
Im Vergleich zu den Renten der breiten Bevölkerung leben Vorstände im Ruhestand wie im Wunderland. Zum Vergleich: Die Standardbezüge für einen Rentner, der 45 Jahre lang den Durchschnittsbeitrag in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlte, liegt bei 1620 Euro. Selbst wenn man Betriebsrenten hinzuzählt, sind selten deutlich mehr als 2500 Euro drin.
Vorstandsverträge sehen außerdem oft vor, dass es die Rente schon mit 60 Jahren oder 62 Jahren geben kann, sofern die Person dann nicht mehr im Amt ist. Der Kölner Armutsforscher und Soziologe Christoph Butterwegge findet das fragwürdig: „Gemessen daran, dass viele Topmanager für die breite Bevölkerung die Rente mit 70 fordern, sind deren eigenen Regeln oft äußerst großzügig“, sagt er.
„Es wäre besser, die Vorstände würden privat vorsorgen“Heinz Evers Vergütungsexperte und Berater