Überschall-Ballett soll Weltraumfahrt revolutionieren
WELLINGTON/SYDNEY Bisher haben vor allem Weltmächte wie die USA, Russland oder China in die Weltraumforschung investiert. Dass nun ein so kleines Land wie Neuseeland mit gerade einmal fünf Millionen Einwohnern Meilensteine in der Raumfahrt erzielt, ist eher ungewöhnlich. Doch dem Neuseeländer Peter Beck, einem Wissenschaftler und Ingenieur, der die in Kalifornien ansässige Firma Rocket Lab im Jahr 2006 gegründet hat, ist es mit seinem Team gelungen, die neuartige „Electron“-Rakete zu entwickeln. Mit ihr hofft er, die kommerzielle Raumfahrt in großen Schritten voranbringen zu können.
Ein wichtiges Ziel hat die Firma jetzt in Neuseeland gesetzt: Es ging darum, zu testen, wie sich Raketen nach dem Start ins All wieder bergen lassen, um Weltraummissionen künftig kostengünstiger zu machen. Nach dem Start in Neuseeland, bei dem 34 Satelliten in den Orbit befördert wurden, fiel die Boosterstufe der Rakete zurück durch die Erdatmosphäre. Ihr Fall wurde zunächst von einem Fallschirm abgebremst, bevor sie vor der neuseeländischen Küste von einem Hubschrauber „aufgefangen“wurde.
Dabei rastete ein am Helikopter befestigtes Kabel mit einem Haken an der Fangleine des RaketenBoosters ein, wie im Livestream des Unternehmens zu sehen war. Ganz glatt lief der Test zwar nicht, letztendlich mussten die Hubschrauberpiloten das Fluggerät doch ins Meer fallen lassen, wo es von einem Schiff geborgen wurde. Trotzdem zeigte sich Rocket-Lab-Gründer Peter Beck zufrieden: „Unglaublicher
Fang des Bergungsteams“, schrieb er auf Twitter: „Ich kann nicht erklären, wie schwer dieser Fang war, und dass die Piloten es geschafft haben.“Dass sie die Rakete letztendlich ins Meer fallen lassen mussten, habe an einigen Unstimmigkeiten gelegen, doch das sei „keine große Sache“gewesen. Die Rakete sei sicher von einem Schiff aufgesammelt worden.
In einer Presseerklärung des Unternehmens beschrieb Beck die Aktion als „Überschall-Ballett“: „Eine enorme Anzahl von Faktoren muss aufeinander abgestimmt sein, und viele Systeme müssen einwandfrei zusammenarbeiten.“In den kommenden Wochen will das Unternehmen sämtliche Daten aus dem Start analysieren, „um künftige Bergungsmissionen in der Luft zu verfeinern“, twitterte das Team: „Spannende Zeiten stehen uns bevor.“
Die Rakete in der Luft zu fangen, sei ein wichtiger Meilenstein für
Rocket Lab gewesen, um Electron zu einer wiederverwendbaren Rakete zu machen, hieß es im offiziellen Statement der Firma zu dem Start. Letztendlich gehe es darum, die Startfrequenz zu erhöhen und die Startkosten für kleine Satelliten zu senken.
Die jüngste Mission war bereits der 26. Start für Rocket Lab. Insgesamt hat die amerikanisch-neuseeländische Firma nun 146 Satelliten mit ihrer Trägerrakete Electron in die Umlaufbahn gebracht. Die Satelliten werden dabei für die unterschiedlichsten Aufgaben eingesetzt: beispielsweise, um Lichtverschmutzung zu überwachen, Weltraummüll zu entsorgen, um eine Internetverbindung über den Weltraum zu ermöglichen oder um ein Überwachungssystem für den Ozean aufzubauen.
Die erste kommerzielle Rakete war einst 2017 von Neuseeland aus erfolgreich ins All gestartet. Seitdem arbeitet Rocket Lab daran, irgendwann 50 bis 100 Raketen pro Jahr von der einsamen Halbinsel Mahia auf der Nordinsel Neuseelands in den Weltraum zu schicken. Rocket Lab kann schon jetzt verhältnismäßig günstige Preise anbieten, da die meisten Motorenteile der Raketen mithilfe eines 3-D-Druckers hergestellt werden. Die Rakete selbst besteht hauptsächlich aus Kohlefaser. Sie ist 18 Meter hoch und hat einen Durchmesser von 1,20 Meter. Selbst mit Treibstoff und Ladung ist sie gerade einmal 13.000 Kilo schwer. Der Antrieb erfolgt über Rutherford-Raketentriebwerke, die mit Kerosin und flüssigem Sauerstoff angetrieben werden. Pro Flug können bis zu 300 Kilo an bezahlter Fracht geladen werden.