Jung, männlich, heiß auf Mercedes
16 besonders auffälligen Autoposern hat die Stadt Düsseldorf ein Zwangsgeld von 5000 Euro angedroht, ein Poser muss jetzt wahrscheinlich zahlen. Was sind das für Menschen, die gerne in dicken Autos durch die Stadt donnern?
DÜSSELDORF Wer sein Auto liebt, behandelt es pfleglich – denkt man. Die harten Autofreaks der Tuningund Poserszene machen das Gegenteil: volle Beschleunigung und Vollbremsung vor der nächsten Ampel; im brutalen Spiel von Gas und Bremse das Auto auf der Stelle drehen, dass die Reifen qualmen. Das Material wird malträtiert und auch die Menschen, die den Lärm anhören müssen. Beinahe- oder tatsächliche Unfälle sind nicht selten die Folge. Düsseldorf ist eines der beliebten Pflaster der Szene, soll es aber nicht bleiben. Die AG Tuning der Polizei macht immer wieder Sonderkontrollen, in Zusammenarbeit mit der Stadt bekommen besonders auffällige PS-Rüpel jetzt die Androhung eines Zwangsgeldes nach Hause geschickt. 5000 Euro werden fällig, im Wiederholungsfall oder bei der Gefährdung von Menschen können sogar 10.000 Euro fällig werden. 16 Verfügungen sind bereits zugestellt worden. Wir haben gefragt, wer sie erhalten hat – Stadt und Polizei haben geantwortet.
Manche Klischees liegen nah an der Wahrheit. So ist bislang keine einzige Frau am Steuer in Düsseldorf so auffällig geworden, dass sie nun wegen ihrer Fahrweise mit einem Zwangsgeld bedroht ist, wenn sie erneut in der Stadt auffällt. Es handelt sich bei den bisherigen Fällen ausschließlich um Männer im Alter von 18 bis 43 Jahren. Ihr Durchschnittsalter beträgt 23 Jahre. Nicht nur bei Problem-Jugendlichen in der Altstadt, sondern auch bei den Autoposern zeigt sich, dass Düsseldorf schwieriges Klientel anzieht. Nur in zwei Fällen ist der Wohnort der Männer Düsseldorf, der überwiegende Teil ist in Städten und Gemeinden in einem Umkreis von rund 50 Kilometern gemeldet. Wer denkt, dass die meisten aus Ruhrgebietsstädten kommen, liegt nicht falsch.
Mit welchen Autos sind die Männer unterwegs? Richtig, schnell müssen sie sein. Die Leistung der genutzten Pkw bei den Imponierfahrten betrug durchschnittlich 428 PS. Die höchste Leistung lag bei 610 PS, die geringste bei 125 PS. Der 18-Jährige, der im März seine Zwangsgeldandrohung erhielt und Ende April in Düsseldorf wieder auffällig wurde, war in einem geliehenen Audi TT unterwegs. Das Modell stellt eher eine Ausnahme dar, dass das Auto geliehen war, ist dagegen eher die Regel als die Ausnahme. Bei fast der Hälfte aller Autos, die von den Männern gefahren wurden, als die Polizei sie stoppte, handelte es sich um Mercedes-AMG-Modelle. AMG stellt die Motoren für die Hochleistungsfahrzeuge von Mercedes-Benz her. Und: Zwei Drittel der
Fahrer waren selbst nicht die Fahrzeughalter, die Autos waren also geliehen. Die Personen fielen am häufigsten von Freitag bis Montag auf, immer in der Zeit zwischen 19 und 1 Uhr, die Touren waren also das besondere Wochenendvergnügen, bei dem man sich etwas gönnt.
Wenn die Polizeikelle den vermeintlichen Spaß beendet, sind die Reaktionen unterschiedlich. Einige Männer äußerten sich nicht, andere versuchten ihr Verhalten zu erklären oder zu rechtfertigen, beispielsweise wurde behauptet, die Fahrten dienten der technischen Überprüfung der Fahrzeuge. Einige wiesen darauf hin, dass es sich bei ihren Fahrzeugen um Sportwagen handele und die Lautstärke in der Natur der Sache liege. Immer wieder wurde den Polizistinnen und Polizisten
aber auch mit Unverständnis für ihre Maßnahmen begegnet. Es gab zudem herablassenden Aussagen, so wurde der Polizei mitgeteilt, dass man sich aufgrund des Leistungsvermögens des eigenen Pkw auch der Kontrolle hätte entziehen können.
Die Polizei wird in den nächsten Monaten weitere Schwerpunktkontrollen gegen die Poserszene durchführen. Zuletzt hatte sich an Ostern auch die Stadt eingeklinkt. Mitarbeiter der Stadtkasse waren vor Ort und überprüften, ob gegen die Autofahrer Vollstreckungsverfahren wegen öffentlich-rechtlicher Forderungen (etwa Bußgelder oder Steuern) laufen – in diesen Fällen wurden die Außenstände direkt vollstreckt oder gepfändet. 4100 Euro wurden eingenommen.