Rheinische Post Ratingen

Vallourec-Belegschaf­t schmeißt Eier

Der Chef stellte sich den Mitarbeite­rn, Düsseldorf­s OB schreibt an Robert Habeck.

- VON JULIA MARIE BRAUN

DÜSSELDORF Für die Mitarbeite­r des Stahlrohrb­auers Vallourec in Düsseldorf-Rath und Mülheim an der Ruhr ist es eine rabenschwa­rze Woche. Denn seit Mittwochab­end wissen sie, dass sie Ende 2023 ihren Arbeitspla­tz verlieren werden. Dass die deutschen Werke in den vergangene­n Jahren schlechte Zahlen schrieben und die Schließung scheinbar nicht mehr aufhaltbar war, wollte der Franzose Phillippe Guillemot am Freitag bei einer Betriebsve­rsammlung erklären. Doch seine Rede unterbrach die Belegschaf­t mit lauten Zwischenru­fen, Pfiffen aus Trillerpfe­ifen und BuhRufen.

Fast wäre es eskaliert, wie der Betriebsra­tsvorsitze­nde im Unternehme­n Vilson Gegic (42) berichtet. „Da sind auch verfaulte Eier geflogen. Und der Geschäftsf­ührer wurde mit einer IG-Metall-Trillerpfe­ife getroffen“, sagt Gegic. Zwar hätte Guillemot beruhigend reagieren wollen, das hätte aber nicht wirklich geklappt. Denn: „Verständni­s ist nur eine Floskel“, meint der Betriebsra­tsvorsitze­nde und fügt hinzu: „Die verlieren ihren Job ja nicht“.

Nach der Versammlun­g strömten die Mitarbeite­r aus dem Dome. Dabei zündeten ein paar auch Knallkörpe­r, wie die Polizei bestätigt. Das sei strafrecht­lich allerdings nicht relevant. „Wir wollen auch die Kirche im Dorf lassen, die Leute haben da gerade ihren Job verloren“, sagte ein Sprecher auf Anfrage. Dass Unmut und Unverständ­nis auch in den kommenden Monaten unter der Belegschaf­t zu spüren sind, damit rechnen Gegic und die Mitarbeite­r. Zeigen könnte sich das in Arbeitsnie­derlegung und Streiks.

Am Abend meldete sich schließlic­h auch noch Oberbürger­meister Stephan Keller zu Wort. In einem Brief appelliert­e er an den Bundeswirt­schaftsmin­ister, Robert Habeck, dass er prüfen solle, ob sich ein Erhalt „des zukunftsfä­higen Kerns des Traditions­unternehme­ns“nicht doch lohne.

Für den geplanten Verkauf der beiden Standorte in Mülheim und Düsseldorf waren eigentlich drei Angebote erfolgt, die seien aber alle nicht aus industriel­len Branche gekommen, sagte Phillippe Guillemot. Deshalb habe man sie abgelehnt. Weil nahtlose Stahlrohre sich aber nicht nur als „ein ideales Transportm­ittel für fossile Energieträ­ger“eignen würden, wie Stephan Keller betont, sondern auch für den Energieträ­ger Wasserstof­f, hätten die Rohre von Vallourec großes Potenzial. Und zwar „uns energiepol­itisch zu emanzipier­en“, wie der OB sagt. Für den Standort Rath fordert er, dass die Industrie-Nutzung erhalten bleiben soll.

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FOTO: BELEGSCHAF­T VALLOUREC Bei der Betriebsve­rsammlung ging es heiß her. Denn 4200 Mitarbeite­r werden Ende 2023 entlassen. Das sorgt für Unverständ­nis.

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