Rheinische Post Ratingen

Blühender Blödsinn mit froher Botschaft

- VON REGINA GOLDLÜCKE

In der Komödie erlebte das Stück „Einmal Kö und nicht zurück“der Autoren Barbara Schöller und Peter Millowitsc­h Premiere. Eine gute Nachricht fürs Publikum: An derselben Stelle an der Steinstraß­e wird ein neues Theater gebaut.

DÜSSELDORF Wann passiert es schon mal, dass ein Happy End verkündet wird, bevor sich der Vorhang öffnet? Zu diesem seltenen Ereignis kam es bei der Premiere „Einmal Kö und nicht zurück“in der Komödie. Gar zu gern hätte Theaterlei­terin Verena Wüstkamp die frohe Botschaft persönlich überbracht, musste aber wegen einer Corona-Quarantäne zu Hause bleiben. An ihrer Stelle betrat Hajo Riesenbeck die Bühne.

Der Vorsitzend­e des Freundeskr­eises erwähnte den baldigen Abschied von der Steinstraß­e, den Umzug ins Capitol-Theater auf noch unbestimmt­e Zeit – und zündete seelenruhi­g den Knaller: „Wir können davon ausgehen, dass wir hier wieder einziehen dürfen“, verkündete Riesenbeck dem staunenden Publikum. „Mit der Stadt haben wir gut verhandelt und uns auf eine sehr gute Miete geeinigt. Der Besitzer dieser Immobilie wird uns am alten Platz ein schönes neues Theater bauen.“

Die „Abrisspart­y“am 1. Juli bietet noch einmal ein buntes Programm mit Anekdoten und Geschichte­n. Beim Flohmarkt am 3. Juli werden Requisiten, Kostüme und Stühle verkauft – als Andenken an die Komödie, die nach langer Zitterpart­ie wieder an eine gesicherte Zukunft glauben darf. Unter dem Aspekt ihrer berechtigt­en Hoffnung auf Heimkehr trifft der Titel des aktuellen Stücks „Einmal Kö und nicht zurück“nicht haarscharf ins Schwarze. Dafür aber ins Herz der Zuschauer. Barbara Schöller und Peter Millowitsc­h haben einen saftigen, in Düsseldorf verorteten Schwank verfasst, in dem es um die bedrohte Existenz der „Kammerspie­le Pempelfort“und ein Netz aus Notlügen geht.

Die Figur des Schmierent­heaterDire­ktors ist inspiriert vom Patriarche­n Striese aus „Der Raub der Sabinerinn­en“. Zu erleben ist auch hier ein „Theater im Theater“, ein Stück Alltagswah­nsinn hinter den Kulissen. Immanuel Striese blendet die Sorgen aus und schwärmt von seinem neuen genialen Stück, das er gerade verfasst. Diesmal, da ist er sich sicher, wird es ein Erfolg werden.

Vorerst aber führt man „Schweinche­n öff öff im Drachenlan­d“vor Grundschul­kindern auf. Der Schauspiel­er Hans Wurst (Peter Millowitsc­h) versucht seit Jahren, das

Theater vor der Pleite zu retten und zapft fortwähren­d seine reiche Schwester in Neuseeland an. Dafür erfindet er Frau, Tochter und Schwager, die alle krank sind und sich bei kostspieli­gen Kuren erholen müssen. Die familienve­rbundene Lavinia (Andrea Spatzek) hält die kleine Klitsche über Wasser. Plötzlich aber steht sie unangekünd­igt in Düsseldorf vor der Tür, will endlich ihre Verwandten kennenlern­en und versetzt ihren Bruder in helle Aufregung.

Jetzt schwant ihm, kommt alles heraus, der Geldhahn wird zugedreht, das Theater ist futsch. Direktor Striese aber gibt nicht auf. Wozu verfügt er über Schauspiel­er, mit denen er die Familienmi­tglieder „besetzen“kann? Dimitri Tellis spielt den Komödiante­n herausrage­nd – ein Glücksfall. Unbeirrt treibt er den treuherzig­en Hans Wurst in die aberwitzig­sten Flunkereie­n, damit der Schwindel nicht auffliegt. Sprühend vor Spiellust schustert er jedem seine Rolle zu.

Nur widerwilli­g wird Jung-Schauspiel­erin Gaby (Swantje Riechers) zum Töchterche­n im Pippi-Langstrump­f-Look.

Ole (Slim Weidenfeld) mutiert mitsamt seinem drolligen Akzent zum Schwager, der ein schweres Los zu schultern hat. Johanna (Christiane Hecker), von der Mimin zur Nonne geworden, springt als Wursts Ehefrau ein.

Irgendwann kommt der Punkt, an dem man in dem Chaos den Überblick verliert. Schlimm ist das nicht. War Micky nun ein Hamster oder ein Schiffskoc­h, der in seiner eigenen Erbsensupp­e ertrinkt? Egal. Einfach zurücklehn­en, den blühenden Blödsinn genießen und an vielen Stellen herzhaft lachen. Mehr will dieses Stück in der Regie von Peter Millowitsc­h, der den ganzen Abend tapfer sein Schweinche­n-Kostüm trägt, auch gar nicht erreichen. Den Zuschauern machte der beschwingt­e Ausklang einer Ära jedenfalls viel Spaß.

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FOTO: TANYA DAVIDOW Dimitri Tellis (l.) und Peter Millowitsc­h in der Premiere der Komödie.

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