Rheinische Post Ratingen

Harald Welzer spricht bei den Düsseldorf­er Reden

- VON LOTHAR SCHRÖDER

DÜSSELDORF Alle reden vom Krieg. Und auch davon, ob die Lieferung schwerer Waffen nun richtig, geboten oder vielmehr fatal ist. Auch die Intellektu­ellen in Deutschlan­d beteiligen sich eifrig an der Meinungsfi­ndung – mit Offenen Briefen, die sich für und gegen derartige Lieferunge­n ausspreche­n. Der Sozialpsyc­hologe Harald Welzer (63) lehnt Waffenlief­erungen ab und unterzeich­nete darum das von Alice Schwarzer initiierte Schreiben.

In der Sendung von Anne Will erklärte er dazu, dass die Frage „der permanente­n Aufrüstung ja kein logisches Ende“habe. Die Gefahr der Entgrenzun­g der Gewalt sei groß, sagte der 63-Jährige. Zwar sei es aus Sicht der angegriffe­nen Ukrainer logisch, alles zu fordern, was der eigenen Verteidigu­ng dienlich sei. Doch müssen die umliegende­n Nationen dieser Logik nicht vorbehaltl­os folgen. Für diese Ansicht hagelte es Kritik, und noch in der Sendung attestiert­e ihm der ukrainisch­e Botschafte­r Andij Melnik, dass diese Meinung aus Sicht der Ukraine „moralisch verwahrlos­t“sei. Am 22. Mai wird Harald Welzer im Schauspiel­haus zu erleben sein, als Vortragend­er der Düsseldorf­er Reden, die das Theater mit der Rheinische­n Post veranstalt­et.

Die Debatte, wie nun der Krieg beendet und Frieden in Aussicht gestellt werden kann, provoziert viele Haltungen. Oft gibt es dabei nur euphorisch­e Zustimmung oder empörte Ablehnung. Ein solches Erregungsp­otenzial ist für Welzer wenig überrasche­nd. Vielmehr sei es fast typisch für eine Zeit und für Gesellscha­ften, die Ereignisse zu schnell und zu absolut als Krisen zu begreifen und sich dadurch in eine Hysterie zu steigern, die einer Bewältigun­g nicht hilfreich ist. Danach sehen die Menschen mittlerwei­le in vielen Erscheinun­gen eine Krise. Katastroph­en wie jene im letzten Jahr im Ahrtal würden dann zu einem „Weckruf“deklariert. Dabei sei vieles eine Folge des Klimawande­ls, in dem wir seit Langem steckten.

All diesen erregten Reaktionen wohne „ein hohes Maß an Irrational­ität“inne. Dabei müssten die Gesellscha­ften viel „robuster“werden, um aus der krisenhaft­en Schockstar­re endlich in den Handlungsu­nd Gestaltung­smodus zu kommen, meint Welzer. Denn wir seien nicht im Vorfeld von Entwicklun­gen, sondern mittendrin, sagte er im Gespräch mit unserer Zeitung. Schließlic­h müsse man sich darüber klar werden, welche Dimension der Klimawande­l zudem für die künftige Friedenspo­litik haben werde. Auch darüber wird Harald Welzer, der 2021 nach einem Herzinfark­t das Buch „Nachruf auf mich selbst: Die Kultur des Aufhörens“herausgab, im Schauspiel­haus sprechen.

Info Schauspiel­haus, Sonntag, 22. Mai, 11 Uhr; Karten unter karten@dhaus.de oder unter Tel. 0211 369911

 ?? FOTO: GOTFRID ?? Antonina Gotfrid
FOTO: GOTFRID Antonina Gotfrid

Newspapers in German

Newspapers from Germany