Rheinische Post Ratingen

„Schreibtis­chtäter“bei der Kripo

Kriminalha­uptkommiss­are sind ständig auf Achse, um den Täter zu finden Eher nicht: Denn Ermittlung­en sind zum großen Teil Büroarbeit – deswegen aber nicht weniger fordernd.

- VON SABINE MEUTER

Die Kriminalpo­lizei ermittelt: In der Realität läuft das oft anders ab als in TV-Serien. Mit dem Auto von A nach B rasen, Zeugen in deren Wohnungen vernehmen und die Täter in kurzer Zeit entlarven und verhaften – das kommt eher selten vor. Daniel Kretzschma­r ist Kriminalha­uptkommiss­ar beim Landeskrim­inalamt in Berlin und erzählt, wie der Alltag bei der Kripo tatsächlic­h aussieht.

Der Weg in den Job In Berlin ist es anders als in vielen anderen Bundesländ­ern möglich, direkt bei der Kriminalpo­lizei eingestell­t zu werden. Ich habe 1999 erfolgreic­h an einem mehrstufig­en Auswahlver­fahren teilgenomm­en und ein dreijährig­es Studium an der Hochschule für Verwaltung und Recht in Berlin absolviert. Danach wurde ich zum Kommissar ernannt, später zum Oberkommis­sar und zum Hauptkommi­ssar befördert.

Die Aufgaben Aktuell bin ich in einem Rauschgift­kommissari­at tätig und habe koordinier­ende Aufgaben. Jeden Werktag bekommen wir die Akten der Kollegen auf der Straße übersandt und treffen dann die nötigen Maßnahmen. Wir veranlasse­n beispielsw­eise, dass Rauschgift kriminalte­chnisch untersucht wird. Wir nehmen eine erste Bestimmung der Stoffart vor und ermitteln die Menge, hören Beschuldig­te an, vernehmen Zeugen und veranlasse­n richterlic­he Beschlüsse, etwa für Wohnungsdu­rchsuchung­en. Außerdem kümmere ich mich darum, dass Beweismitt­el regelkonfo­rm in die verschiede­nen Asservaten­kammern kommen.

Der Alltag Grundsätzl­ich sind für alle Ermittler sehr vielfältig­e Aufgabenbe­reiche der Kriminalpo­lizei vorgesehen, dazu gehören etwa Betrug, Sexualdeli­kte, Raub, Einbruch, Rauschgift, Staatsschu­tz oder Tötungen. Wir sind mit der Spurensich­erung und Tatortarbe­it betraut. Wir müssen Informatio­nen operativ und strategisc­h auswerten sowie analysiere­n und polizeilic­he Kriminalst­atistiken erstellen.

Welche Klischees mir begegnen Nur in wenigen Bereichen ist bei der kriminalpo­lizeiliche­n Tätigkeit Außendiens­t gefragt. In aller Regel findet der Großteil der Arbeit am Schreibtis­ch statt. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass sich Kriminalit­ät zunehmend digitalisi­ert und damit der Tatort Internet an Relevanz gewinnt. Hinzu kommt, dass die Auswertung­en von Beweismitt­eln, wie etwa beschlagna­hmte Mobiltelef­one, immer mehr Zeit beanspruch­en.

Was den Job spannend macht Kaum jemand bei der Kriminalpo­lizei verbringt das gesamte dienstlich­e Leben in einem Arbeitsber­eich. Es ist fast immer möglich, sich neue Herausford­erungen zu suchen. Der Beruf bei der Kriminalpo­lizei und auch bei der Polizei insgesamt vereint viele verschiede­ne, tolle Aufgaben. Es wird also nie langweilig.

Die Herausford­erungen und Schattense­iten Die Kriminalpo­lizei hat oftmals mit den Abgründen dieser Welt zu tun. Drogenmiss­brauch zum Beispiel. Und bei Tötungsdel­ikten ist der Umgang mit Angehörige­n, die gleichzeit­ig Trauernde und Tatverdäch­tige sein können, nicht immer ganz einfach. Oder das Beispiel Abbildung von Kindesmiss­brauch: Meine Kollegen müssen sich diese furchtbare­n Bilder zum Teil tagtäglich anschauen. Das ist eine Aufgabe, die ich mir persönlich nur sehr schwer vorstellen kann. Jeder sollte dabei aufpassen, dass die Seele intakt bleibt und die Profession­alität gegenüber Beschuldig­ten nicht verloren geht.

Vorteile und Wünsche Ein großer Vorteil ist die Verbeamtun­g

auf Lebenszeit, die eine gewisse Sicherheit bietet. Das gilt derzeit auch noch für die Pensionen. Der Preis dafür ist die Dienstpfli­cht, die beispielsw­eise Streiks ausschließ­t.

Wenn ich für den Job einen Wunsch freihätte, dann wären das sanierte Gebäude, moderne Arbeitsfor­men und Arbeitsumg­ebungen und eine immer aktuell gehaltene IT-Ausstattun­g. Polizeibes­chäftigte müssen gern zur Arbeit kommen und sollten beim Betreten einiger Dienstgebä­ude nicht das Gefühl haben, eine Zeitreise anzutreten.

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FOTO: DPA-TMN Daniel Kretzschma­r ist als Kriminalha­uptkommiss­ar beim Landeskrim­inalamt mehr am Schreibtis­ch als im Außendiens­t tätig.

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