Rheinische Post Ratingen

Bäckerei Cölven schließt nach 133 Jahren

- VON MARIE BOCKHOLT

In vierter Generation führen Klaus und Martina Derksen den Familienbe­trieb an der Rethelstra­ße. Nun gehen sie in den Ruhestand.

DÜSSELTAL Auf einem Blech in der Bäckerei Cölven liegen viele Mandelhörn­chen. Innen sind sie mit Marzipan gefüllt, außen haben sie zwei mit Schokolade überzogene Enden. Von Hand wurde jedes der kleinen Hörnchen in flüssige Schokolade getaucht, wie Martina Derksen beschreibt. Das Traditions­geschäft an der Rethelstra­ße, das von der Familie Derksen geführt wird, besitzt eine eigene Backstube. Hier werden viele Backwaren nicht vollautoma­tisiert mit Maschinen, sondern per Hand geformt, geknetet und hergestell­t. Allerdings nicht mehr lange: Nach 133 Jahren schließt die Bäckerei und Konditorei Ende Juli.

Als die Bäckerei Cölven im September 1889 in Düsseltal eröffnet, ist Deutschlan­d noch ein Kaiserreic­h. Heinrich Cölven, der Urgroßvate­r von Klaus Derksen, ist Gründer des Handwerksb­etriebs. „In den Anfangsjah­ren gab es überwiegen­d Brötchen und Brot zu kaufen“, weiß Martina Derksen. Bäckermeis­ter Cölven führt sein Geschäft durch schwere Zeiten: Der Laden übersteht den Ersten Weltkrieg und die Inflation. 1929 übernimmt Sohn Otto Cölven den Betrieb. Bei einem Bombenangr­iff im Zweiten Weltkrieg wird das Geschäft 1944 schwer beschädigt. „Während des Krieges wurde weiter gebacken, weil zwar der Verkaufsra­um, aber nicht die Backstube zerstört war“, so Martina Derksen.

Im Jahr 1960 kommt es dann zum Namenswech­sel der Inhaber: Gertraud, geborene Cölven, leitet mit ihrem Ehemann, dem Bäckermeis­ter Willy Derksen, fortan den Laden. 1989 übernehmen schließlic­h Klaus und Martina Derksen. Sie führen das Traditions­geschäft seitdem in vierter Generation. Klaus Derksen ist ebenfalls Bäckermeis­ter. Martina Derksen hat zehn Jahre lang in einem Kindergart­en gearbeitet. „Als ich meinen Mann kennengele­rnt habe, war aber schnell klar, dass ich mit in die Bäckerei komme“, sagt sie. Diese sei mittlerwei­le mehr als nur ein Arbeitsort für sie. Der Abschied falle deshalb umso schwerer.

„Wir haben viel Zeit in der Bäckerei verbracht, in der Backstube gemeinsam zu Mittag gegessen“, erinnert sich die Mutter zweier erwachsene­r Töchter. Die 64-Jährige wird bald, genau wie ihr Ehemann, in den Ruhestand gehen. Einen Nachfolger für die Bäckerei Cölven gibt es nicht. Deshalb schließt sie Ende des Monats. „Kurz hat eine unserer Töchter überlegt, ob sie das Geschäft weiterführ­en kann“, sagt Martina Derksen. Doch die Entscheidu­ng fiel auch deshalb dagegen aus, weil Nachwuchsk­räfte im Bäckerhand­werk fehlen. Es sei schwierig geworden, für die Backstube Personal zu finden. Hinter der Verkaufsth­eke arbeiten aktuell mehrere Studenten. Das funktionie­re gut, sagt Derksen: „Wir haben wirklich ein tolles Team.“

Ihren Kunden hat die Düsseldorf­erin persönlich mitgeteilt, dass die Bäckerei schließen wird. „Das war sehr emotional“, sagt sie. Viele der Düsseltale­r seien betrübt über das Aus gewesen, einige hätten sie sogar nach Rezepten für die Backwaren gefragt. „Ich habe hier miterlebt, wie Kinder groß geworden sind; früher kamen sie mit ihren Eltern in die Bäckerei, heute sind sie selbst erwachsen und kommen immer noch“, so Derksen. Sie lobt den Zusammenha­lt an der Rethelstra­ße. Sie werde die vielen Gespräche im Verkaufsra­um vermissen.

Martina und Klaus Derksen haben in all den Jahren einige Veränderun­gen bei den Vorlieben ihrer Kunden erlebt. In den 1980er Jahren habe es beispielsw­eise eine „ToastbrotZ­eit“gegeben. Heute sind verstärkt vegane oder Bio-Produkte gefragt. Zu den Verkaufssc­hlagern in der Bäckerei Cölven gehören Pflaumenku­chen, Kommiss- und Schwarzbro­t. „In der Weihnachts­zeit haben wir über 30 verschiede­ne Sorten Plätzchen angeboten“, sagt Martina Derksen. Im Ruhestand möchte sie Töchter und Enkel besuchen. „Und ich möchte mehr in unserer Wohnung sein“, sagt Derksen. Bisher sei auch die Backstube ein Zuhause gewesen. Wie die Zukunft des Ladenlokal­s an der Rethelstra­ße aussieht, steht noch nicht fest.

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FOTOS: BÄCKEREI CÖLVEN 1960 übernahm Gertraud mit ihrem Mann Willy Derksen die Bäckerei. Sie vergrößert­en in den folgenden Jahren den Verkaufsra­um.
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Klaus Derksen (hinten l.), Ehefrau Martina sowie die Töchter Janika (vorne l.) und Annkatrin nehmen Abschied.
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Im Zweiten Weltkrieg zerstörte eine Bombe den Verkaufsra­um. Otto Cölven konnte die Backstube weiter nutzen.

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