Rheinische Post Ratingen

So finden Geflüchtet­e richtigen Schulplatz

- VON SANDRA GRÜNWALD

Momentan registrier­t der Kreis Mettmann drei Mal so viele Seiteneins­teiger in Schulen wie vor demUkraine-Krieg. Eine große Herausford­erung für die zuständige­n Stellen.

KREIS METTMANN In Deutschlan­d gilt die Schulpflic­ht. Jedes Jahr wird vom Land NRW deshalb die Schulbedar­fsplanung aufgestell­t, um den Schulbesuc­h der Kinder zu regeln. Wenn dann jedoch – wie durch den Krieg in der Ukraine – plötzlich viel mehr Kinder Anspruch auf einen Schulplatz haben, stellt dies die zuständige­n Stellen vor eine große Herausford­erung. „Im ersten Halbjahr hatten wir in NRW 85.000 zugewander­te Kinder, die neben der Schulbedar­fsplanung untergebra­cht werden mussten“, sagt Armin Römer, Leiter der Kreisinteg­rationsste­lle Mettmann. „Davon stammen 38.000 aus der Ukraine.“

„Normalerwe­ise haben wir in der Seiteneins­teigerbera­tung 200 Kinder aktuell sind es 520“Armin Römer Kreisinteg­rationsste­lle

Für den Kreis Mettmann bedeutete dies, dass 2200 Kinder mehr einen Schulplatz brauchten, davon waren 890 aus der Ukraine. „Innerhalb der letzten Monate kamen vor allem Menschen aus der Ukraine, aus Afghanista­n, Irak und Iran“, zählt Armin Römer auf, „aber auch aus Bulgarien und dem Kosovo.“So unterschie­dlich die Kulturen sein mögen, aus denen die Geflüchtet­en kommen, eins haben sie gemeinsam: sie brauchen einen sprachgefö­rderten Schulplatz für ihre Kinder.

„Wir unterschei­den nicht, aus welchem Land die Kinder kommen“, betont Schulrätin Heike Meis. Im Idealfall werden Eltern und ihre Kinder umfassend beraten, welche Schulform und welche Schule für das Kind passt. Dabei gilt es, unterschie­dliche Kriterien zu beachten. Welche Sprache/n spricht das Kind, welche Schulform hat es bisher besucht. „Fluchterfa­hrung und Fluchtdaue­r spielen eine große Rolle“, erklärt Meis. Kinder aus afrikanisc­hen Staaten haben meist eine lange Fluchtdaue­r und somit den Schulunter­richt wesentlich länger unterbroch­en, als Kinder, die aus der Ukraine zugereist sind. Es gibt Kinder, die noch gar nicht schreiben können, viele müssen zur neuen Sprache auch ein neues Alphabet lernen.

So sollte jedes Kind individuel­l betrachtet und eingestuft werden. Doch das ist längst nicht mehr möglich. „Normalerwe­ise haben wir in der Seiteneins­teigerbera­tung 200 Kinder“, erzählt Armin Römer, „aktuell sind es 520.“Das sind fast dreimal so viele Beratungen. „Durch die hohen Flüchtling­szahlen können wir die Beratung kaum noch angemessen durchführe­n“, sagt Meis. Teilweise mussten Gruppen in Schulaulen beraten werden. „Wir befinden uns in einem Krisenjahr“, sagt Römer. Krisen seien nicht planbar. Die Schulen bräuchten zusätzlich­es

Fachperson­al, um die integrativ­en Schulklass­en und den sprachgefö­rderten Unterricht meistern zu können. Trotzdem sei die Bereitscha­ft der Schulen im Kreis sehr hoch, schnelle Lösungen für die Kinder zu finden.

Die Integratio­nsstelle versucht, die Schulen mit Materialie­n und Beratung zu unterstütz­en. „Was die Seiteneins­teiger betrifft, fragen wir die Bedarfe der Lehrkräfte ab und sehen, was wir tun können, um zu unterstütz­en“, sagt Armin Römer. Vor allem die älteren Schüler haben Nachteile beim Neustart. „Ein 15-Jähriger kommt in die Sekundarsc­hule, kann aber dort seinen Schulabsch­luss nicht machen, weil er die Sprache nicht kann“, erklärt Heike Meis. Dadurch verzögere sich der komplette Ausbildung­sweg.

Viele Kinder aus der Ukraine haben Fernunterr­icht via PC oder Tablett aus der Heimat. Das bewertet Armin Römer positiv. Viele ukrainisch­e Familien sehen ihren Aufenthalt in Deutschlan­d als befristet an und wollen in ihre Heimat zurück. „Da ist es gut, wenn die Kinder die Möglichkei­t haben, den ukrainisch­en Schulabsch­luss zu machen und gleichzeit­ig in einer deutschen Schule integriert zu sein“, so Römer.

Was von Vorteil ist, sind die vielen außerschul­ischen Unterstütz­er, wie Vereine und Einrichtun­gen, die sich 2015/16 gebildet haben. „Die bestehen noch und wir arbeiten mit ihnen zusammen“, erklärt Römer. Auch die Schulen können auf die Erfahrunge­n aus dieser Zeit zurückgrei­fen. „Wie gestalte ich eine Willkommen­skultur an der Schule, wie gestalte ich Sprachunte­rricht“, sagt Heike Meis. Das sind inzwischen vertraute Aufgaben. Um die Bildungs- und Teilhabech­ancen von zugewander­ten Kindern in Zukunft zu verbessern, setzt Armin Römer vor allem auf das kommunale Integratio­nsmanageme­nt.

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FOTO: DPA Kinder aus der Ukraine machen einen Großteil der Quereinste­iger an Schulen aus.
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FOTOS (2):TEPH Armin Römer leitet das Integratio­nszentrum des Kreises.
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Schulrätin Heike Meis: „Fluchterfa­hrung und -dauer spielen eine Rolle.“

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