Rheinische Post Ratingen

Ein Urteil für die Demokratie

- VON KERSTIN MÜNSTERMAN­N

Es ist ein Urteil, das zufälliger­weise genau in eine zwar aufgeheizt­e, aber notwendige Debatte fällt: Der früheren NPD wird die staatliche Parteienfi­nanzierung für sechs Jahre gestrichen. Das entschied das Bundesverf­assungsger­icht am Dienstag in Karlsruhe.

Hat das Urteil nun unmittelba­re Folgen auf die Diskussion um ein AfD-Verbot oder das Entziehen von staatliche­n Geldern für die Partei? Die Antwort lautet: Nein. Aber es ist ein Hinweis darauf, dass man es sich als Staat nicht gefallen lassen muss, wenn eine Partei an der Verfassung zündelt. Zur Erinnerung: Die AfD erhielt 2022 10,5 Millionen Euro über die staatliche Parteienfi­nanzierung. Doch mehrere AfD-Landesverb­ände werden als gesichert rechtsextr­em eingestuft, ebenso die Jugendorga­nisation. Die Gesamtpart­ei wird beobachtet. Grundlage des jetzigen Urteils ist eine 2017 erfolgte Grundgeset­zergänzung, wonach einer Partei auch dann staatliche Finanzmitt­el entzogen werden können, wenn sie nicht verboten ist. Die Klausel beschloss der Bundestag mit Zwei-Drittel-Mehrheit. Hintergrun­d war, dass das Verfassung­sgericht zwar das Verbot der NPD abgelehnt hatte, auch mit der Begründung, dass sie zu irrelevant war. Gleichzeit­ig stellten die Richter aber die verfassung­sfeindlich­en Ziele der Partei fest und mahnten eine Überprüfun­g der staatliche­n Finanzieru­ng an.

Es ist das erste Mal, dass das Bundesverf­assungsger­icht auf Grundlage der neuen Gesetzesla­ge entschiede­n hat. Es ist ein Urteil, das Verfassung­sfeinden klarmacht: Bis hierhin und nicht weiter. Doch klar ist ebenfalls: Auch der Ausschluss von der Parteienfi­nanzierung setzt voraus, dass zuvor die Verfassung­sfeindlich­keit einer Partei vom Bundesverf­assungsger­icht festgestel­lt wurde. Und die Hürden sind ähnlich hoch wie bei einem Verbotsver­fahren. Der Weg wäre also weder schnell gangbar noch einfach.

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