Rheinische Post Ratingen

Mehr Ehrlichkei­t beim Kohleausst­ieg

- VON ANTJE HÖNING

Die Ampel hat sich große Ziele gesetzt: Idealerwei­se, so heißt es im Koalitions­vertrag, gelinge der Kohleausst­ieg schon 2030. Die Zweifel daran wachsen. Zum einen muss dazu der Ausbau von Stromnetze­n, Windparks und Solaranlag­en kräftig zulegen. Zum anderen müssen Dutzende Gaskraftwe­rke her, die die Stromverso­rgung sichern, wenn die Sonne nicht scheint und der Wind nicht weht. Auf die neue Kraftwerks­strategie von Robert Habeck wartet die Branche, die die neuen Blöcke bauen soll, seit Monaten. Nun ist sie endlich fertig und wird gleich zum Zankapfel. Es geht – wie so oft bei der Ampel – um Geld und um Technologi­e-Offenheit.

Die Konzerne, die möglichst viele Kosten auf den Steuerzahl­er abwälzen wollen, haben einen Punkt: Da die Anlagen nur bei Dunkelflau­ten einspringe­n sollen, sind sie über den Markt nicht rentabel zu betreiben. Also pochen sie zu Recht auf klare Spielregel­n und Garantien für ihre Investitio­nen. Doch dafür werden Stromverbr­aucher oder Steuerzahl­er aufkommen müssen, hier rollen neue Milliarden­lasten auf sie zu. Ähnlich heftig tobt der Streit über die Technologi­e: Die Grünen möchten den Versorgern vorschreib­en, ab wann sie wie viel grünen Wasserstof­f einsetzen. Das geht der FDP zu weit, zumal Deutschlan­d diesen meist teuer importiere­n muss. Die quälenden Debatten um Atomaussti­eg und Verbrenner lassen grüßen.

So landet erneut ein grün-gelber Grundsatzs­treit beim Kanzler. Und wieder ist der Ausweg nicht trivial. Wenn die Grünen den Kohleausst­ieg weiter wollen, müssen sie realistisc­her werden – grüner Wasserstof­f ist kein Allheilmit­tel für alle Energiepro­bleme, und aus allem auszusteig­en, geht auch nicht. Wenn die FDP wiederum den Kohleausst­ieg 2030 nicht mehr will, sollte sie dies klar sagen, anstatt ihn per Guerilla-Taktik zu sabotieren. Blockaden helfen weder der Ampel noch der Wirtschaft und schon gar nicht dem Klima.

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